Bernard Verfürden beehrt uns nach langer Pause ((When the Runner bondage the jumper)) mal wieder mit einem seiner tollen Einfälle. Es ist die Leidensgeschichte eines Schachspielers auf Reisen. Da sie etwas länger ausfällt, wird sie in den folgenden Tagen in drei Teilen präsentiert.


17.08. nachmittags

Bin heute in Eupen angekommen und habe mein Domizil bezogen. Bei meiner ersten Begehung durch das Hotelzimmer, fällt mir spontan ein, dass ich demnächst eine Unterkunft mit mindestens einem Stern fokussieren sollte. Im Klo schwimmt noch etwas Kompost, was unweigerlich tags zuvor den Namen „Schnitzel“ innehatte. Nett! Weiter oben auf der Ablage im Bad sehe ich eine vergessene Haarbürste in der schon eine Frisur eingearbeitet ist. Muss der Voreigentümer wohl vergessen haben. Sollte wohl nicht so spießig sein, auch wenn der Geruch aus dem Sanitärbereich mich dazu zwingt durch den Mund zu atmen.

Stelle gerade fest, dass ich keine Badeschlappen eingepackt habe und in keinem Fall barfuss durch dieses Zimmer latschen werde. Der Teppich beinhaltet – grob geschätzt – eine Weltbevölkerung an Milben. Ich meine gesehen zu haben, dass der Teppich mittlerweile ein eigenes Bewusstsein entwickelt hat. Er macht Geräusche und atmet. Werde wohl in meinen Business-Schuhen duschen müssen. Die Kacheln in der Duschkabine erinnern mich ein wenig an eine Prosektur. Werde beim Duschen versuchen nichts zu berühren. Hoffe inständig, dass das Wasser aus der Dusche direkt aus einer Kläranlage stammt und nicht aus einer internen Wasseraufbereitungstonne oder noch schlimmer aus dem Badzimmer über mir!

Gerade sind zwei betrunkene Schachspieler in das Nachbarzimmer eingezogen. Sie haben einen leeren Kasten Bier in der Hand. Der Inhalt scheint bereits kurz vorher den Behälter gewechselt zu haben. Zwei weitere Schachspieler checken in das gleiche Einzelzimmer ein. Haben einen Käfig mit zwei lebenden Hühnern dabei. Was wollen die damit?

Laute Stimmen ertönen aus diesem Zimmer. Habe das Gefühl, dass ein Stuhl zersägt wird. Wahrscheinlich nur Einbildung. Mittlerweile habe ich meinen Laptop aus dem Gucci-Koffer gezogen. Es fällt mir auf, dass kein Tisch im Zimmer zu finden ist! Werde wohl den Laptop auf meinen Schoß deponieren und die Analysen so verrichten.

Suche im Zimmer eine Steckdose ohne freiliegende Kabel. Habe bereits beim Versuch Strom anzuschließen, einen 220Volt-Kuss aus der Wand bekommen. Mein rechter Arm zittert seitdem unaufhörlich. Alle vier Schachspieler aus dem Einzelzimmer nebenan beschweren sich lautstark, weil durch mein Missgeschick die gesamte Stromversorgung im Hotel zusammengebrochen ist.

Bin ein zweites Mal an das offen liegende Stromkabel gekommen. Lächle jetzt permanent im rechten Mundwinkel ohne es zu wollen.

Packe meine Sachen in den Schrank und bin auf dem Weg zur Turnierhalle. Muss mich heute noch anmelden, damit ich morgen früh nicht in einer dicken Schlange warten muss. Das Zittern im Arm hat nachgelassen.

17.08. abends

Ich bin in der Turnierhalle angekommen und habe mich angemeldet. Bin mir nicht sicher ob der Herr aus Eupen mich richtig verstanden hat. Im Turniersaal stehen etliche Biertische mit Bierbänken. Findet dort heute Abend noch ein Fest statt?

Auf dem Weg zurück suche ich nach einer Lebensmittelbegegnungsstätte und finde kurzerhand eine Grillstube. Bestelle Currywurst mit Pommes und stelle dabei fest, dass die Wirtin hinter der Theke einen ärmellosen Kittel trägt. Was ist denn das Dunkle was wie ein Schnurbart aus den Achseln quillt?

17.08. abends

Das Essen war eine Premiere. Habe definitiv noch nie für so viel Geld so schlecht gegessen. Habe dafür beim Zurückgehen dicke Magenkrämpfe. Bin im Hotel angekommen und bemerke sofort, dass sich mittlerweile im Nachbarzimmer eine Lautstärke wie in der Veltins-Arena entwickelt hat. Werde unfreiwillig Zeuge einiger Kommunikationsfetzen. Ein Bewohner stellt fest, dass seine Zahnbürste unfreiwillig ein Bad im Klo genommen hat. Mittlerweile wurde dieser Täufling einige Male getauft. Bewohner fragt die anderen, ob sich jemand bereit erklärt eine Zahnbürste mit ihm zu teilen.

Meine Magenkrämpfe werden stärker.

Im anderen Nachbarzimmer ist mittlerweile ein Pärchen eingezogen. So wie sich es anhört, haben beide tiefe Kopulationsdefizite. Frage mich, was lauter ist? Die Veltins-Arena oder der menschliche Interessenausgleich.

Höre wieder einige Zitate. Bewohner hat entschieden seine Zahnbürste weiter zu benutzen, da sich keiner bereit erklärt seine Bürste zu teilen. Im anderen Zimmer werden die rhythmischen Bewegungen synchroner und man reduziert die Sprache auf einige Umlaute. Versuche zu schlafen und berühre mit meinem Oberschenkel erneut ein offenes Kabel. Meine Unterhose fängt sofort Feuer und brennt! Renne in Panik in das Bad und bleibe mit dem kleinem Zeh an einer winzigen Erhebung im Türrahmen hängen. Habe Schwierigkeiten die Schmerzen zu lokalisieren. Kann nicht mehr genau sagen, ob die ins Fleisch gebrannte U-Hose oder der um 90 Grad abstehende Zeh die Schmerzpriorität im Kopf bildet. Höre Klopfen aus dem Zimmer der Schachspieler. Man sagt mir, ich solle Ruhe geben.

Fortsetzung folgt…

Kommentare

5 Antworten zu “Tagebuch eines Schachspielers (1)”

  1. Stefan am 14. September 2009, 21:57

    Gaaaanz grosses Kino!

  2. MiBu am 14. September 2009, 22:03

    Großes Kino? Wohl eher der kramphafte Versuch lustig zu sein. Liegt vom Niveau noch unter Atze Schröder, und die Messlatte ist wirklich niedrig. Zwei Daumen nach unten.

  3. Max Bouaraba am 15. September 2009, 10:54

    Amüsanter, unterhaltsamer Stil mit gewisser Dejavue-Garantie. Kann sicher nicht jedem gefallen, muss ja auch nicht. Aber könnte es sein, dass sich die Figur in der Lokalität geirrt hat?! Bin gespannt wie’s weiter geht.

  4. patzel am 15. September 2009, 11:00

    gaaaanz schwache comedy…
    „Lautstärke wie in der Veltins-Arena entwickelt hat“… heißt ja wohl das es mucksmäuschenstill war 😉

  5. enzo am 15. September 2009, 12:37

    Ich find’s ganz witzig – erinnert mich vom Stil her übrigens stark an Horst Evers, z.B.
    http://www.youtube.com/watch?v=KLulDDe-Ta4

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