Mein mit Abstand schlechtestes Turnier dieser Saison liegt hinter mir. Beim Gocher Open belegte ich mit 4,5 aus 7 den 15. Platz ((Endstand 19. Gocher Open)), obwohl ich an vier gesetzt war, und das völlig verdient. Es ging alles schief, was schief gehen konnte. Bessere Stellung zum Remis, faktische Remisstellung zur Niederlage verzockt und zu allem Überfluss war mit die Farbkonstellation in der letzen Runde auch nicht hold, als ich mit Schwarz gegen die Nr. 1 des Turniers ran musste, obwohl ich mit meiner bis dahin schwachen Performance mit einem einfachen Gegner rechnete.

Welz, Peter (2205) – Souleidis, Georgios (2440)
Gocher Open (3), 10.10.2008

Stellung nach 25…Txa3:



26.f5!?
Ein interessanter Versuch. 26.d4 c4 27.Tb1 Sb6 und mit passiver Verteidigung würde Weiss wohl nicht lange standhalten. 26…Txb3 27.fxe6 fxe6 28.Lh3 Sf8 29.Sd2 Ta3 30.Df3 Dd8 31.Df7+?! 31.Se4! Sg6 32.Df7+ Kh8 33.Dxe6 wäre präziser gewesen und hätte zur Partie geführt. 31…Kh8 32.Se4

32…Sg6 Hier verpasste ich das starke 32…c4! was die Diagonale a7-g1 öffnet und sich in vielen Varianten als sehr nützlich erweist. Vielleicht war das sogar die einzige klare Möglichkeit zu gewinnen. 33.Sf6 (33.Lxe6? Db6+ 34.Kg2 Dxe6-+) 33…Lc5+ 34.Kh1 gxf6 35.gxf6 Ta7-+ 33.Dxe6 Txd3 34.Lf5 Sf8 35.Df7 Dd4+? Wirft den „Vorteil“ weg. 35…c4! Auf so einen coolen Zug, kommt man in Zeitnot nicht. Auf die Schnelle eine Analyse: 36.Sf6 Lc5+ 37.Kg2 Td2+ 38.Kg3 Sg6! 39.Lxg6 hxg6 40.Se4 (40.Tf4 Td3+ 41.Kg2 Td4 42.Se4 Txe4 43.Txe4 Dxg5+ 44.Kf3 c3 ergibt ein gewinnträchtiges Endspiel.) 40…Dd3+ 41.Df3 Dxf3+ 42.Txf3 Td5 43.Sxc5 Txc5 44.Tf8+ Kh7 45.e6 Tc7!-+ und diese Turmendspiel sollte gewonnen sein. 36.Kh1 Ich hoffte auf 36.Sf2? mit der Riposte 36…Tf3!-+ Typische Zeitnotgedanken, oder? 36…Td1 37.Txd1 Dxd1+ 38.Kg2 De2+ 39.Kg3 Dd3+ 40.Kg4?? Soweit ich mich erinnern kann, hatte mein Gegner keine Zeitnot, im Gegensatz zu mir (auch ein schlechtes Zeichen: In zu vielen Partien reizte ich meine Zeit komplett aus), und begeht im letzten Zug vor der Zeitkontrolle einen Riesenklopps… 40.Kg2= 40…Dd8?? …was ich aber nicht sah. 40…g6! gewinnt einfach eine Figur und die Partie. 41.Sf6!

Nach diesem Zug nutzte ich 25 der restlichen 30 Minuten, um nachzudenken, ob es nicht doch noch einen Gewinnweg gibt. Dabei rechnete ich sehr tief bis in ein Damenendspiel und kam zu dem Schluss: „Lass es besser sein.“ 41…Dd4+ Forciert das Dauerschach. 41…Sg6!? 42.Lxg6 hxg6 43.Dxg6 gxf6 44.Dh6+ (44.gxf6 Lxf6 45.Dh6+ Kg8 46.exf6 Dd7+ 47.Kf3=) 44…Kg8 45.Dg6+ Kf8 46.Dh6+ Kf7 47.Dh7+ Ke6 48.Df5+ Kf7 49.Dh7+ Ke8 50.Dg6+ Kd7 51.exf6 b4 52.Df5+ Kc7 53.fxe7 Dxe7 54.g6= wäre nur Zockerei gewesen. 42.Kf3 Dd1+ 43.Kf2 Dd2+ 44.Kf3 Dd1+ 45.Kf2 Dd2+ 46.Kf3 Dd1+ ½-½

Souleidis, Georgios (2440) – Coenen, Michael (2252)
Gocher Open (4), 11.10.2008

Stellung nach 41…Ta5:

Aus einer ambitionslosen Eröffnungsvariante heraus (1.e4 e6 2.b3?!) quälte ich mich in einem remislichen Endspiel. Hier dachte ich im Übergang zum Läufer vs. Springer-Endspiel noch eine Möglichkeit entdeckt zu haben, die mir Gewinnchancen gibt, was wohl Unsinn ist. Am Ende verliere ich das sogar noch: 42.Txa5 Sxa5 43.Kc3 Sc6 44.b4 Se7 45.Kd4 Kc6

46.Lf4? Ganz schwach. 46…Kb5 Diesen logischen Zug habe ich übersehen. Der Bauern b5 geht plötzlich flöten. Ich rechnete nur mit 46…Sd5 47.Ld2 47.Ke4 Sc6 48.Kf5 Sxb4 Hier verlor ich ob der unerwarteten Ereignisse leider die Kontrolle. Zeitnot herrschte auch nicht wirklich. Ich hatte noch ca. 15 Minuten für den Rest der Partie. Mein Gegner deren 10.

49.Ld2?? Sinnlos. 49.Kg5! Weiss muss ganz schnell auf der anderen Seite des Brettes Gegenspiel aufbauen. 49…a5 50.h4 Sd3 51.Ld6 a4 52.Kxh5 Sxf2 53.La3 Se4 54.Kg4= und der Springer kann nicht beides: Den weissen Läufer blockieren und den h-Bauer aufhalten. 49…a5 50.Kg5 Kc4 51.Kxh5 a4 52.Lc1 Sd3?? Gibt mir noch ne Chance, die ich aber nicht nutze. Aus irgendeinem Grund fing ich an viel zu schnell zu spielen. Etwas, was man häufiger tut, wenn man die Kotnrolle verliert. 52…Kb3 53.Lg5 a3 54.Lf6 a2 55.h4 Sd3 56.La1 Kc2 57.Kg4 Kb1-+ 53.La3 Kb3 54.Ld6?! 54.Le7 ist genauer, um den Läufer über f6 die Diagonale a1-h8 kontrollieren zu lassen. 54…Sb4 55.Kg5?! 55.h4! a3 56.Le5 Sd3 57.La1 Ka2 58.Lf6 Kb1 59.Kg5 a2 60.h5 Sb2 61.h6 a1D 62.h7= und Weiss holt sich auch eine Dame. 55…a3

56.h4?? Übersieht einen taktischen Trick. 56.Le5! Sd3 (56…Sd5 57.La1 Ka2 58.Ld4 Sc7 59.Kf6 Se6 60.Le5 Sc5 61.Kxf7 Kb1 62.h4 Sd3 63.Ld4 a2 64.h5 Sb2 65.h6 a1D 66.h7=) 57.La1 Sc5 58.h4 Ka2 59.Lh8! Kb1 60.h5 a2 61.Kf5= 56…f6+! 57.Kxf6 Sd5+ 58.Kg6 a2 59.Le5 Sc3 und Schwarz gewann. 0-1 nach 62 Zügen.

Starostits, Ilmars (2480) – Souleidis, Georgios (2440)
Gocher Open (7), 12.10.2008

Stellung nach 35.Td1:

In der letzten Runde durfte ich gegen die Nr. 1 der Setzliste ran. Meiner Motivation abträglich war, dass ich sehr wahrscheinlich auch bei einem Sieg nicht in die Preisränge gelangen würde. Mein Gegner lullte mich mit seiner risikolosen Spielweise völlig ein und hier patzte ich entscheidend. 35…Kg7? Lange dachte ich über 35…Sxb3!? 36.Txb3 Lxa4 nach, was mir wegen 37.Sd5 aber nicht besonders gefiel. Ich dachte, dass in Kombination mit Dg5 „irgendwo“ Matt droht. Schwarz dürfte sich aber verteidigen können: 37…Kg7 38.Dg5 (38.Tbb1 Lxd1 39.Sxc7 Dxc7 40.Dxd1 Dxc4 und die Freibauern sichern gefährliches Gegenspiel.) 38…Tb8 39.g4!? Lxb3 40.gxh5 Tg8 41.hxg6 fxg6 42.Df6+ Kh7 43.Sxc7 Dxc7 44.Txd6 Lxc4 45.h5 Lf7 46.Dxe5 Dc1+ 47.Kh2 Tg7 und die Engine gibt = (gleich) an! Einfach 35…Tcd7 36.Sc2 Se6 war auch eine Möglichkeit. Mir gefiel aber nicht, dass Weiss auf lange Sicht Lh3 spielen kann. 36.Sf5+! Sxf5 37.exf5 e4 37…Lxg2 38.Kxg2 Tcd7 39.Td5 Db6 40.c5+- 38.Dg5?! 38.f6+! Kh7 39.Td4 Df5 40.Df4 Dxf4 41.gxf4+-

38…Te8?! Ich hätte mich im Damenendspiel quälen können. Hatte ich aber gar nicht gesehen. 38…exd3! 39.Dxd8 Dxf5! 40.Dxc7 Lxg2 41.Kxg2 De4+ 42.Kg1 d2 43.Dxd6 De1+ 44.Txe1 dxe1D+ 45.Kg2 Dc3 46.Dd1± 39.f6+! Kh7 40.Txd6 Dxg5 41.hxg5 Te5 42.Te1! Txg5 43.Lxe4 Lxe4 44.Txe4 Und dieses Doppelturmendspiel war hoffnungslos für Schwarz. 1-0 nach 51 Zügen.

Turniersieger wurde souverän mit 6,5 aus 7 Jaroslav Ulko aus Russland, der kürzlich auch das Münsterland Open ((Endstand Münsterland Open)) gewann…

…vor dem nimmermüden Karl-Heinz Podzielny…

…und dem Letten Ilmars Starostits (kein brauchbares Foto gemacht).

Pros des Turniers:


– Schöner Turniersaal
– angenehme und familiäre Atmosphäre
– für Schachfreunde, die einfach nur ein nettes Turnier ohne Stress spielen wollen, absolut empfehlenswert

Contras des Turniers
:

– Auslosung erfolgt leider erst kurz vor jeder Runde, also für Spieler, die sich vorbereiten möchten, kein gutes Turnier. Den meisten Spielern scheint das aber egal zu sein: „Ich bereite mich eh nicht vor.“
– Zwischen den Doppelrunden wird der Turniersaal wohl aufgeräumt. Dadurch ging meine halbvolle Wasserflasche abhanden vor der letzten Runde. Super. Allerdings weiss ich nicht, ob diese fragwürdige Praxis durchgehend Anwendung findet.
– Bei diesem Turnier wird die Drei-Punkte-Regelung praktiziert. Keine Ahnung warum. Ich kann auch keinen vernünftigen Grund erkennen, der für die Sportart Schach dafür spricht. Im Gegenteil: In der letzen Runde (da fiel es mir besonders auf) kam zumindest eine Paarung zu Stande, die mit der herkömmlichen Regelung nicht stattgefunden hätte.

Kommentare

9 Antworten zu “Ein grauenvolles Turnier”

  1. Stephan Schmitz am 13. Oktober 2008, 19:05

    Hallo Georgios,
    war schon ganz gespannt wie du in Goch abschneidest, als ich hier von deiner Teilnahme las. War ja leider nicht so dolle, nächste Mal wird es besser klappen.
    Unsere Königsspringer, sonst in Goch reichlich vertreten, konnten diesmal nicht, da sie sich in der NRW-Klasse eine 1,5 – 6,5 Klatsche gegen Castrop-Rauxel abholen durften. By the way, zu deiner Wasserflasche, die lässt man per se nicht so einfach rumstehen, wer weiss was einem da eingefüllt wird, zumal vor der letzten Runde.
    Bis denne
    Stephan

  2. Dein Lieblingsschacher am 13. Oktober 2008, 19:48

    Hallo Georgios,

    schade, dass es diesmal nicht so geklappt hat wie beispielsweise beim Oster-Open. Aber immer noch besser als bei mir, denn ich habe es nicht einmal geschafft mitzuspielen ; ). Vielleicht bist du beim nächsten Turnier ja wieder vorne mit dabei.

  3. Georgios Souleidis am 13. Oktober 2008, 21:20

    @Stephan: Besser ich hätte meine Wasserflasche mit irgendeinem fremden Zusatz dabei gehabt, dann hätte ich vielleicht auch besser gespielt. Trotz eurer Niederlage sieht es ja nicht schlecht aus, da einige nominell schwächere Teams in der NRW-Klasse mitspielen.
    @ Lieblingsschaher: das nächste Turnier wird leider auf sich warten lassen. Ich weiss noch nicht mal, wann es stattfinden wird.

  4. Lenfant am 14. Oktober 2008, 10:04

    Nimm’s locker: Ich werde das Ende Deiner Partie gegen SF Coenen heute Nachmittag unserer Jugend vorlegen; sollten die 56….f6+ nicht rausbekommen, bist Du rehabilitiert!

  5. Georgios Souleidis am 14. Oktober 2008, 10:10

    Schlappe ist längst wieder verarbeitet. Die Zeiten sind vorbei, als ich mich tagelang über so etwas geärgert habe. Das Endspiel gegen Coenen ist wirklich gut geeignet für Jugendtraining.

  6. Lenfant am 14. Oktober 2008, 18:19

    Ich kann Dich beruhigen: Wenn man nur mit dem letzten Diagram bei der „Coenen“Partie anfängt, kommt da auf Anhieb keiner drauf….Spielt man aber das ganze Endspiel von Anfang an, haben sie schneller die Idee gefunden!
    Gewissermassen „Danke“ für das Trainingsmaterial…!!

  7. Michael am 16. Oktober 2008, 15:27

    Hallo Georgios,
    in der Partie gegen SF Welz gibt Du in einer Variante 40 …. g6! mit Figurengewinn an. Was passiert eigentlich nach 41. Sf6? Nach ein paar Schachs dürfte es dem schwarzen König ungemütlich werden, oder?

  8. Georgios Souleidis am 16. Oktober 2008, 15:33

    Hallo Michael,
    nach 41.Sf6 folgt einfach 41…gxf5+ 42.Kf4 (42.Kh4 Sg6+) Sg6+ und Weiss muss die Dame geben. 40…g6! hat natürlich auch die Engine gezeigt, indem sie an der Stelle direkt rot geblinkt hat 🙂

  9. Michael am 16. Oktober 2008, 16:20

    Hallo Georgios,
    vielen Dank für die schnelle Antwort. Hinweis mit der korrekten Stellung verstanden.
    Auf meinen Brett stand die schwarze Dame fälschlicherweise auf e3. Man sollte auch beim Nachspielen eine gewisse Sorgfalt walten lassen.

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