Seit 1999 spiele ich, mit einer kleinen Unterbrechung im letzen Jahr als die Meisterschaft wegen fehlender finanzieller Mittel nicht stattfand, die griechische Mannschaftsmeisterschaft für Kydon Chania immer in den ersten Wochen des Julis. Das System der Mannschaftsaufstellungen hat sich seitdem zwei Mal verändert, positive Auswirkungen für das griechische Schach kann ich aber nicht erkennen.

Bis zum Jahr 2003 waren es acht Bretter (vier Männer-, ein Frauen-, ein Mädchen und zwei Jugendbretter), dann im Jahr 2004 zehn Bretter (mit ähnlicher Aufteilung), und ab 2005 ist man auf die heilsbringende Lösung von zwölf Brettern (fünf Männerbretter, ein Frauenbrett, zwei Mädchen- und vier Jugendbretter, die mit Jungs oder Mädels besetzt werden können) verfallen. Vordergründig möchte man mit diesem Durcheinander die Jugend fördern, hintergründig war die Meisterschaft aber einige Jahre lang recht einseitig, da Kydon Chania die besten Männerbretter stellte und die Meisterschaft mehrmals hintereinander gewann.

Ein kleines Problem, dass sich nun durch das Hinzufügen von Jugendbrettern gebildet hat, ist, dass die Verantwortung viel mehr auf den Schultern kleiner Kinder, die gerade mal das Niveau eines Kreisligaspielers in Deutschland haben, lastet, als vielmehr bei den Erwachsenen. Hinzu kommt noch das nicht seltene und unerfreuliche Remisgeschiebe unter den Grossmeistern an den vorderen Brettern. Unter den griechischen Grossmeistern, die sich teilweise aus den Jugendzeit kennen, gibt es kaum mal eine ausgekämpfte Partie und unter den ausländischen Titelträgern, die nur für die vorderen Brettern eingeflogen werden, sieht es teilweise leider auch nicht anders aus, insbesondere wenn es keine Stallorder gibt.

Man könnte ja jetzt argumentieren: „Solange der griechische Schachsport darunter profitiert, dass so viele Kinder und Frauen an der gemeinsamen Meisterschaft teilnehmen…Scheiss drauf!“

Aber von wegen. In der griechischen Eloliste ((Eloliste Griechenland Juli 2008)) ist in den letzten zehn Jahren nur eines zu erkennen: Ausser einer einzigen Ausnahme…Stagnation! Ich verfolge das Geschehen natürlich, da ich in der Liste auftauche und ich lese immer wieder die gleichen Namen. Und ich rede nicht nur von den Top-20. Die Ausnahme ist Ioannis Papadopoulos. Er ist 20 Jahre alt, wurde letztes Jahr sogar griechischer Meister und ist mit einer Elo von 2490 auf dem Weg zum Grossmeister. Es war schon vor Jahren zu erkennen, dass er mal ein richtig Guter wird, da er Schach richtig trainiert.

Ich habe hier schon so viele angebliche Talente kommen und gehen sehen, dass mir schon längst schwindelig ist. Ich erkenne bei den meisten nur Eines: Sie werden in jungen Jahren gefördert, haben Spass am Schach, manche erreichen auch eine ordentliche Spielstärke, aber sobald sie anfangen zu studieren, ist mit Schach Feierabend. Schach hat in Griechenland überhaupt keine gesellschaftliche Bedeutung und dementsprechend verfällt keiner der Jugendlichen auf die abenteurliche Idee Schach ernsthaft zu betreiben oder gar Schachprofi zu werden. Das beste Beispiel ist Maria Kouvatsou aus meinem Verein. Sie wurde 1999 sogar, auch wenn etwas glücklich, U20 Jugendweltmeisterin, hatte mit knapp 2300 Elo eine ordentliche Spielstärke, doch mit Beginn des Studiums war es vorbei. Nach ihrem Studium eröffnet sie nun ihre eigene Zahnarztpraxis in Chania, nach Vorbild ihrer Eltern. Allerdings hat sie mit dem Schachtraining wieder angefangen und möchte nächstes Jahr unser Team wieder verstärken. In der Zwischenzeit, sind ja nur knapp zehn Jahre, war mein Verein zwar in der Lage viele junge Mädchen zum Schach zu führen, aber keine starke Schachspielerin auszubilden.

Ich hätte noch genug dieser Geschichten in petto, möchte aber lieber zu einem kurzen Fazit kommen:

Die Kausalität: x Jugend-/Frauenbretter in Seniorenteams = Förderung der Schachjugend/Spitzensports ist eine viel zu simple Formel, die leider viel zu häufig angebracht wird
Die Kausalität, die ich insbesondere in Griechenland erkenne: Schach als Kulturtechnik an Kinder/Frauen weiterzugeben = Schach gesamtgesellschaftlich eine höhere Anerkennung zu verschaffen (insbesondere da sehr viele Eltern in das Happening mit einbezogen sind, welches sich griechische Mannschaftsmeisterschaft nennt)

Kommentare

Eine Antwort zu “Das tolle Griechische System”

  1. Peter B am 18. Juli 2008, 11:47

    Starker Tobak,

    lieber Blogger. Vor allem stehen einige Aussagen in krassem Widerspruch zum chessbase-Artikel von Dejan Bojkov:

    Zitat:
    >Zumeist werden die Wettkämpfe an den Jugend- und Kinderbrettern entschieden, was zur Folge hat, dass die Vereine sich intensiv um den Nachwuchs kümmern. Tatsächlich hat das griechische Schach in den letzten Jahren einen deutlichen Aufschwung genommen. <

    In finde es allerdings ungeheuerlich, den vielmals sehr jungen Spielern schon so viel Verantwortung für eine Mannschafts-meisterschaft aufzubürden. Denn wenn häufig vorne Remis gespielt wird, dann entscheiden diese Bretter. Wenn mich dann ein GM runterputzt bloss weil ich die x-te Variante nicht sofort gesehen habe und damit die Meisterschaft verdorben habe würde ich gar nicht mehr spielen wollen.

    Oder spielen neuerdings beim FC Bayern (hier allerdings das Fussballteam gemeint) die Profis im selben Team wie die E-Jugend!?

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