Als Pionier im Krieg gegen die Handyterroristen hatte sich im November 2004 der Katernberger Georgios Souleidis verdient gemacht, als er auf das Brummen der im Rucksack seines Gegners Stefan Löffler verstauten Waffe Protest einlegte und folgerichtig nach acht gespielten Zügen den Punkt zugesprochen bekam. Vom kürzlich ausgetragenen Berliner Zweitligaduell Kreuzberg II kontra Tegel gibt es weitere Erfolgsmeldungen. Dort ertönte die Erinnerungsfunktion eines ausgeschalteten Tegeler Mobiltelefons. Diese Partie wurde nach neun Zügen als verloren gewertet; der Mannschaftskampf endete 4-4. Es wäre nur zu gerecht, wenn den um den Wiederaufstieg kämpfenden Tegelern dieser Zähler in der Endabrechnung fehlen würde. Im selben Kampf klingelte auch das Handy des Kreuzberger Mannschaftsführers, der des Saales verwiesen wurde, dort aber unter Berufung auf das Hausrecht alsbald wieder auftauchte. Schriftliche Stellungnahmen wurden verfasst und vom Turnierleiter der Staffel Nord in Aussicht gestellt, das laufende Ordnungsverfahren gemäss BTO A-11 an den Bundesturnierdirektor weiterzuleiten. Streng durchgreifen, heisst die Devise! In Deutschland herrscht Ordnung!

(Schach 12/2007, Kolumne S.3)

Erst einmal ein grosses Lob an den Kolumnisten Dirk Poldauf für seinen herrlichen Wortwitz. Ich habe mich grossartig amüsiert und etwas nie dagewesenes getan. Mit breitem Grinsen die Kolumne mehrmals gelesen. Nun muss ich aber nach vier langen Jahren des ewigen Schweigens endlich mal in aller Öffentlichkeit schildern, wie ich mich damals heldenhaft gegen den Handywahnsinn gestemmt habe. Ich bin wirklich nicht auf Ruhm und Ehre erpicht, aber nach dieser Steilvorlage halte ich gerne den Fuss hin.

Das historische Ereignis begab sich am Sonntag den 23.11.2003, nicht wie in der Kolumne fehlerhaft dokumentiert im November 2004. Die SG Porz, die, wie alle wissen, inzwischen von der Bundesliga-Bühne abgetreten ist, war Gastgeber der Doppelrunde. Wir spielten im herrlichen Spielsaal des Hotel-Sportzentrums in der Wilhelm-Ruppert-Str. 38 in Köln-Porz (Wahn). Die Handyregel war von der FIDE frisch verabschiedet worden und am Samstag teilten die Schiedsrichter allen Spielern mit, welche Folgen ein klingelndes Mobiltelefon nach sich ziehen würde. Am Sonntag kam es zum Kampf Kreuzberg gegen Katernberg. Damals begann die Sonntagsrunde noch in der unschachlichen Zeit um 9:00. Ich sass pünktlich am Brett, aber von meinem Gegner keine Spur. Er kam irgendwann (präziser weiss ich es leider nicht mehr) leicht verdaddelt ans Brett und zog 1.Sf3. Damals befand ich mich in einer Probierphase und spielte regelmässig Tschigorin. Obwohl ich damit insgesamt ein gutes Score erzielt habe, bin ich zu meiner alten Liebe KI zurückgekehrt (ich verrate hier nichts, denn inzwischen ist man ja datenbanktransparent). Schnell gerieten wir in eine Nebenvariante (Stefan ist bekannt für seine kreative Spielweise) und völlig unkonzentriert machte ich schon im 5.Zug einen Riesenfehler:

Loeffler,Stefan (2413) – Souleidis,Georgios (2401) [D02]
BL 0304 SC Kreuzberg – SF Katernberg (4.8), 23.11.2003

1.Sf3 d5 2.d4 Sc6 3.g3 Lg4 4.Lg2 e6 5.c4 Sf6? Ein halbes Jahr später traf ich erneut auf den gleichen Gegner und er liess sich leichtsinnig auf die selbe Variante ein. Ich war natürlich vorbereitet und nach 5…dxc4 6.Da4 Dd7 7.Dxc4 0-0-0 8.e3 e5!, IHEM Hamburg 2004 hatte ich schon das leicht angenehmere Spiel. 6.Se5! Lb4+ 7.Sc3 0-0 8.Sxg4 Sxg4 9.cxd5

Diagramm 1

Weiss steht schon nach acht Zügen deutlich besser. Nach 9…exd5 10.0-0 Lxc3 11.bxc3 hat er eine klassisch bessere Stellung mit dem Läuferpaar gegen die doofen Meyer-Springer. Die Besetzung des Zentrums ist auch ein potentieller Faktor, der für Weiss spricht. Das sah ich natürlich alles und war total verärgert über mich selbst. Und just in diesem Moment brummte Stefans Handy aus seinem Rucksack, den er 1 Meter weiter auf einen Stuhl abgelegt hatte. Ihm wurde sein Malheur sofort bewusst und er hechtete verzweifelt zum Transportutensil, um das Gerät verstummen zu lassen. Zu spät. Innerhalb eines Radius von ca. 3 Meter hatten es alle gehört. Gut, das waren nur ein paar Spieler und kein Schiri, aber was soll´s? Ich schöpfte nach dem misslungenen Auftakt neue Hoffnung und warf mich auf das Geschenk: „Schiri!“

Er kam und ich teilte ihm, nicht mehr klar bei Sinnen, mit, was passiert war. Leider begann jetzt eine lange Diskussion, denn wer hätte gedacht, dass so kurz nach Bekanntgabe der neuen Regel, ein Streitfall auftritt. Da aber Willi Knebel, unser damaliger Mannschaftsführer, der Regelpapst schlechthin und durchsetzungsfähig war, gab es für meinen Gegner kein Entrinnen mehr. Auf frischer Tat ertappt, musste er dem Partieverlust einwilligen, denn der Schiri hatte keine Wahl, ausser seines Amtes zu walten. Ich kann mich nur noch erinnern, wie mich Stefan zwischendurch, als die Diskussionen im Gange waren, noch fragte: „Sag mal, willst du wirklich auf diese Weise gewinnen?“ Ich antwortete einfach nur: „Ja.“

Dies ist natürlich kein Meilenstein meiner Karriere, doch mal ehrlich. Es wird Zeit sich von der romantischen Vorstellung zu verabschieden, dass Schachpartien einzig und allein am Brett entschieden werden. Über die vielfältigsten Verhaltensweisen verschiedener Spieler am Brett und die Wirkung auf den Gegner könnte man Bücher schreiben. Was so alles bei Weltmeisterschaften und anderen grossen Turnieren abgelaufen ist, muss ich hier nicht nochmal aufwärmen. Meinem Punktgewinn und allen anderen Punktgewinnen durch diese Regel geht aber ganz klar eine Unachtsamkeit des Gegners voraus. Auch wenn es dadurch zu ungespielten Punktverlusten kommt, ohne diese Regel war es früher viel schlimmer. Ständig klingelte im Turniersaal das Mobiltelefon und insbesondere bei Turnieren im Ausland (z.B. Spanien oder Griechenland) war es teilweise eine Zumutung.

Kurzum: Wer sein Mobiltelefon mit in den Spielsaal nimmt, droht durch ein Klingeln, durch die Erinnerungsfunktion, durch den Ton beim Ausschalten oder sonstigen Ton die Partie zu verlieren. Das sollte inzwischen jeder begriffen haben. Wer fahrlässig handelt, ist meines Erachtens selbst schuld. Sollte mir so etwas mal passieren, dann gebe ich dem Gegner die Hand und entschuldige mich bei meinen Mannschaftskameraden (falls es kein Einzelturnier ist) für meine Unachtsamkeit.

Stefan war mir übrigens nie böse wegen meines Verhaltens. Klar war er nach der Partie sauer, aber wer wäre das nicht? Ein Jahr später gab ich ihm in der oben erwähnten Partie eine grosse Chance ein Gegengeschenk anzunehmen. Ich opferte wie wild und bei einem Sieg, hätte er sogar eine GM-Norm erzielt. Leider nahm er mein Geschenk nicht an.

Kommentare

10 Antworten zu “Ich, Pionier gegen die mobilen Schläfer”

  1. DeepBernard am 05. Dezember 2007, 08:28

    Guten Morgen du Nemesis des Schachs ! 🙂

    Zu diesem Thema schlagen wieder 2 Herzen in meiner Brust.

    1.) Die Regelung ist klar definiert. Klingenes Handys im Turnieareal und PENG! Hast halt mehr Zeit für die Analyse der Nachbarbretter.
    Da kann man sich kaum gegen wehren. Dies ist die Sorgfaltspflicht der Spieler. Du kannst ja auch nicht einen Rentner in der Einkaufstrasse platt fahren und sagen: Ey. War ich nicht… war mein Ascona.

    2.) Der Sinn dieser strengen Auslegung blieb mir allerdings bis dato verborgen.

    Sicherlich ist es heute technisch möglich Handys mit Monsterschachsoftware zu bestücken und sämtliche Schachriesen auf diesen Planeten wie eine Presswurst aussehen zu lassen.

    Ich glaube aber nicht, dass dies funktioniert wenn der Handfernsprecher im Rucksack neben Banane und Pausenbrot liegt. Da müsste Stefan schon magische Fähigkeiten besitzen um anhand eines Klingeln die richtige Zugfolge zu erraten.

    Es sollte daher auch die Totenbefragung mit dem sofortigen Verlust der Partie geahndet werden. Ich könnte ja rein theoretisch eine spirtuelle Sitzung auf dem vereinsklo abhalten und sämtliche Schachriesen der Vergangenheit zur Analyse meiner laufenden Partie konsultieren. Wäre doch auch für Aljechin und Capablanca mal wieder eine Abwechslung als ständig auf der faulen Haut zu liegen.

    Blödsinn meint ihr? Ja genau! Genau so doof wie diese harte bestehende Handyregel.

  2. Falko Meyer am 05. Dezember 2007, 14:19

    Geraderücken:

    1) Habe ich damals ungewollt den Handygewinn bereits ein paar Wochen später im Kampf gegen den HSK für Katernberg wieder gerade gerückt (Weckfunktion) – zugegeben bereits in kritischer Stellung

    2) Hättest Du mal bei Jakovenko (oder mir) in Schule gehen sollen, dann hättest Du mit dem Springerpaar locker noch den Sieg geholt (siehe die entscheidende Partie Jako – Aronian beim Welt-Cup – ich habe einen neuen Springer-Gott :-)).

    3) Ist diese Handy-(Regel)-Diskussion hoffnungslos…,

    erstens ist doch noch immer nicht so ganz geklärt, ob diese Regelung überhaupt wirksam ist,

    zweitens ist sie selbstverständlich vollkommen bescheuert und nicht zuletzt verstösst sie zumindest gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismässigkeit.

    Wenn ich die Todesstrafe für Ladendiebstähle als einzige Folge einführe, weil das nicht zuständige Europaparlament mal entschieden hat, dass man grundsätzliche Diebe auch mit der Todesstrafe bestrafen könnte, wohingegen der Einbruch in ein Auto nur bis zu 5 Jahre Haft gibt, kann ich dem Ladendieb nachher auch sagen, er hätte es ja gewusst und soll sich nicht beschweren (auch schwierig nach Vollstreckung der Strafe) – das ist aber weder Argument noch Rechtfertigung für die Regel an sich.

  3. Georgios Souleidis am 05. Dezember 2007, 17:42

    Auf diesem Blog sind Gegenmeinungen erlaubt, ja sogar erwünscht, auch wenn sie kaum nachvollziehbar vorgetragen werden wie die obigen.

  4. Schachblog rank zero am 06. Dezember 2007, 09:22

    Zur Übermittlung: Theoretisch ist da schon einiges an Übermittlung denkbar – da man ja verschiedene Klingeltöne für verschiedene Anrufe programmieren könnte, wären Codeabsprachen möglich; oder auch einfach das Klingeln als Signal „die Bewertung am Rechner springt gerade hoch, schau mal genauer in die Stellung.“ Natürlich kann man das auch unauffälliger mit dem berühmten Daumen im Mundwinkel erreichen :-D.

    Ich muss sagen, ich geniesse vor allem die erzieherische Wirkung der Regel. Vor 2003 habe ich (vor allem in unteren Ligen, wo die Disziplin der Spieler doch deutlich erschlafft – etwa wenn z.B. in Landesligen und drunter kein Schiri vor Ort ist) erlebt, wie Leute nicht nur ihr Telefon klingeln liessen, sondern hemmungslos während der Partie laut neben dem Brett telefoniert haben. Ohne die extrem strikte Anwendung hätten die ihr Verhalten nie geändert – wer verwarnt die denn, wenn kein Schiedsrichter da ist?

    Die Durchführung bringt natürlich wie immer haufenweise konkrete Probleme mit sich. Ein Beispiel von Anfang 2004: Die Gastmannschaft hat Taschen, Rucksäcke und Kleidungsstücke auf einen Riesenhaufen geworfen. Nach zwei Spielstunden klingelt es gedämpft irgendwo darunter heraus. Die Gastmannschaft ignoriert das souverän, und auf die Reklamation sagt nur jeder „meines war es jedenfalls nicht“. Man hat in diesem Fall praktisch keine Chance, da man ja nun kein Recht auf Komplettdurchsuchung hat – es sei denn, man wäre bereit, die ganze Mannschaft zu nullen.

    Wer um die Bedeutung eines wichtigen Mannschaftskampfes weiss, kann Georgios keinen Vorwurf machen, dass er „Ja.“ geantwortet hat. Selbst wenn man persönlich die Partie gerne weiterspielen würde, ist man doch seiner Mannschaft verpflichtet – ich würde nur auf das Reklamationsrecht verzichten, wenn die anderen Spieler plus Mannschaftsleiter damit einverstanden sind.

  5. Raimund Klein am 06. Dezember 2007, 10:32

    Ich als Schiedsrichter bin diese Diskussion inzwischen echt Leid. Was ist eigentlich so schwer daran zu begreifen? Natürlich gewinnt man nicht gern auf diese Weise, aber das gehört nun mal dazu. Und wie Du, Georgios, richtig sagst, besteht der Regelverstoss ja schon im Verhalten des Gegners, das Ding überhaupt dabei zu haben.

    Ein Thema für sich ist die Frage, wie das anno 2003 formal umgesetzt wurde. Da gab es noch gar keine eigentliche Regel, sondern nur eine Auslegungsempfehlung des FIDE Rules and Tournament Regulations Committee, die WÄHREND der laufenden Saison quasi nachträglich als gültige Regel in den DSB-Ligen per „Kohlstädt-Dekret“ aufgenommen wurde. Das fand ich damals und finde es immer noch mehr als unglücklich.

    Seit der letzten Regelaktualisierung 2005 ist dieser Artikel jedoch in den offiziellen FIDE-Regeln festgeklopft. Ich selbst habe im Mannschaftskampf auch schon auf diese Weise gewonnen. Hat es mir gefallen? Nein, vor allem, da es gegen jemanden war, den ich noch aus meiner Jugendzeit kenne. Aber im Mannschaftskampf bin ich in erster Linie dem Team verpflichtet. Zudem musste ich nicht mal reklamieren, da mein Mannschaftsführer, der in dieser Liga als Koschiedsrichter fungiert, direkt daneben stand. Ich hatte also nicht mal eine Einflussmöglichkeit auf diese Entscheidung. Nebenbei: Was soll man bitte noch tun, wenn der Gegner das Gespräch AM BRETT entgegen nimmt (ohne aufzustehen)?

    Ich verstehe übrigens nicht, warum ausgerechnet Schachspieler anscheinend ein Riesenproblem mit der Akzeptanz dieser Regel haben. Ich habe lange Jahre Baseball gespielt. Von einer Saison auf die andere wurde eine Regelung eingeführt, die besagte, dass ein klingelndes Handy in der SportTASCHE auf der BANK den sofortigen Spielfeldverweis für den Delinquenten nach sich zieht. Niemand stellt das in Frage. Vielleicht ist dieses ewige Lamentieren aber auch nur ein genereller Ausdruck der Tatsache, dass Schiedsrichter von Schachspielern aus unverständlichen Gründen als etwas Lästiges empfunden werden? (Warum ist das eigentlich so?)

  6. Georgios Souleidis am 06. Dezember 2007, 18:30

    So wie das Olaf mit der erzieherischen Wirkung dargelegt hat, sehe ich es auch. Das Argument mit der Verhältnismässigkeit kann ich hier nicht erkennen Falko, denn wo soll man die Grenzen ziehen bei so unterschiedlichen Situationen, die eintreten können (verschiedene Klingeltöne usw.). Schön, dass sich ein Schiedsrichter gemeldet hat, denn die sind die ärmsten Schw…wenn sie sich mit Spielern auseinandersetzen müssen, die partout ihr Fehlverhalten nicht einsehen wollen. Ich gebe Raimund recht, dass die Schiedsrichter gerade im Schach wenig ernst genommen werden. Zum Einen haben sie keine Lobby und zum Anderen sind sie teilweise selbst schuld, weil regelunkundig. Deswegen müssen sie durch eine klare Regelauslegung entlastet werden, damit hier nicht noch grösseres Chaos entsteht. Ergo, wenn das Ding einen Ton abgibt, egal welchen, ist die Partie vorbei. Irgendwann begreifen es alle.

  7. Achim Mueller am 06. Dezember 2007, 20:44

    Was ist der Zweck dieser Regel?

    – Stören durch Reden/Geräusche unterbinden?
    – unerlaubte Benutzung von Software erschweren bzw.?

    Wenn ersteres, dann müsste z.B. auch jedes Schmatzgeräusch eines während der Partie Dinierenden (Banane, Vollkornbrot, Müsli … alles schon erlebt) ebenfalls den sofortigen Partieverlust zur Folge haben. Ebenso jegliche Form der Unterhaltung, die gerade in den unteren Ligen nie ganz unterbunden werden kann

    Wenn zweiteres: Warum darf ich dann ein Mobilfunktelefon ausserhalb des Turniersaals einschalten? Was ist mit mitgebrachten Laptops, Digitalkameras, etc?

    Was ist ausserdem mit Spielern, die 24h erreichbar sein müssen (z.B. Bereitschaft bei Ärzten, Juristen, IT’lern, freiwillige Feuerwehr, todkranke Oma oder Tante zu Hause, Ehefrau oder Freundin hochschwanger … wenn ganz dicke kommt sogar beide, etc.).

    Ich bin freiberuflich für eine Grossbank tätig, da fällt schon mal Wochenendsupport an, der meist mit einem kurzen Anruf und ein paar Anweisungen erledigt ist (was man natürlich draussen macht, ebnso wie man sein Telefon auf Vibrationsalarm schalten kann). Strenggenommen dürfte ich an keinem Turnier/Mannschaftskampf teilnehmen, wenn eine Bereitschaft anliegt, und die ist alle drei Wochen. Bei Ärzten und Richtern manchmal sogar häufiger.

    Ich verstehe das Bestreben, Störungen oder unerlaubt Hilfsmittel zu unterbinden, aber die jetzige Regel halte ich für unverhältnismässig und – auch wenn sie von der FIDE kommt – für typisch Deutsch. Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

    Ciao

    Achim

  8. Hamburgs langweiligster Schachspieler am 06. Dezember 2007, 23:35

    @Achim Mueller:
    „Was ist der Zweck dieser Regel?
    – Stören durch Reden/Geräusche unterbinden?
    – unerlaubte Benutzung von Software erschweren bzw.?“

    Möglicherweise spielt eine Rolle, dass beide Elemente zusammenkommen, denn sowohl die Störung (Artikel 12.6) als auch die Verwendung unerlaubter Hilfsmittel (Artikel 12.2 a) ist ja bereits nach den FIDE-Regeln verboten. Hinzu kommt, dass sich Betrug mit Hilfe eines Handys nur schwer im Nachhinein nachweisen lässt. Wenn dir jemand von Angesicht zu Angesicht etwas vorsagt, musst du damit rechnen, dass dies ein Dritter beobachtet und dem Schiedsrichter mitteilt, wenn du hingegen eine SMS mit der Gewinnvariante direkt nach dem Lesen löschst oder jemand im Nebenraum am Rechner analysiert und dir die Erkenntnisse telefonisch mitteilt, ist dies praktisch nicht nachzuweisen.

    „Wenn zweiteres: Warum darf ich dann ein Mobilfunktelefon ausserhalb des Turniersaals einschalten?“

    Du darfst es (als Spieler) nicht, denn das Handyverbot gilt nicht nur für den Turniersaal, sondern für das gesamte Turnierareal (siehe Artikel 12.2 b), also neben dem Spielbereich auch Toiletten, Verpflegungsbereiche und Raucherräume. Als Spieler darfst du während der Partie das Turnierareal nicht verlassen (siehe Artikel 12.5).

    „Was ist mit mitgebrachten Laptops, Digitalkameras, etc?“

    Frag am besten den Schiedsrichter, falls das Thema tatsächlich mal akut wird. Sofern die Geräte ausgeschaltet und verpackt sind, sehe ich da kein Problem, da in dem Zustand weder Störungen noch Manipulationen möglich sind (nach meiner Erfahrung werden auch ausgeschaltete Handys üblicherweise genehmigt).

    „Was ist ausserdem mit Spielern, die 24h erreichbar sein müssen (z.B. Bereitschaft bei Ärzten, Juristen, IT-™lern, freiwillige Feuerwehr, todkranke Oma oder Tante zu Hause, Ehefrau oder Freundin hochschwanger -¦ wenn ganz dicke kommt sogar beide, etc.).“

    Die Antwort gibst du später selber: „Strenggenommen dürfte ich an keinem Turnier/Mannschaftskampf teilnehmen, wenn eine Bereitschaft anliegt“
    Alternativ musst du eben mit dem Risiko leben, dass du die Partie verlierst, wenn dein Tamagotchi sich meldet.

    „die jetzige Regel halte ich für unverhältnismässig“

    Einverstanden, solange es nur um die Störung geht (die könnte auch mit Verwarnung und/oder Zeitstrafe und/oder -gutschrift für den Gegner und erst im Wiederholungsfall mit dem Partieverlust geahndet werden), aber sobald das Handy zur Kommunikation mit Dritten benutzt und damit die Nutzung unerlaubter Hilfsmittel möglich wird, ist der Partieverlust m.E. angemessen. Ich halte sonst durchaus für denkbar, dass mancher gern eine Verwarnung oder Zeitstrafe in Kauf nimmt, wenn er dafür (durch Computerhilfe) die Partie gewinnt.

  9. Sebastian Gramlich am 13. Dezember 2007, 03:19

    Abgesehen davon, dass ich ein Handyverbot für sinnvoll halte, möchte ich kurz zu eventueller Bereitschaft ein paar Worte verlieren:

    Meines Wissens ist es bei einem solchen Anliegen möglich, das Mobiltelefon auf Vibrationsalarm/Lichtsignal zu programmieren und beim Schiedsrichter zu hinterlegen. Zumindest habe ich dergleichen schon auf Amateurniveau erlebt und denke, dass die überwiegende Anzahl von Schiedsrichtern/Turnierleitern zu so etwas bereit ist.
    Für eine höhere Liga, in der Halbprofis oder gar Vollprofis zu Werke gehen, sollte so etwas aber nur noch im Falle der schwangeren Frau/schwerkranken Oma (oder vergleichbarem) möglich sein. Hier sollte man schlichtweg auf das Spiel verzichten, wenn man ohne sein Mobiltelefon nicht antreten kann.

  10. Stefan Löffler am 20. Januar 2009, 21:18

    Da ich damals in Porz der Geschädigte war, möchte ich anmerken, dass u. a. ein wichtiger Punkt falsch dargestellt ist. Die strengstmögliche Ahndung von Mobilfunkgeräuschen war zum Zeitpunkt der Partie noch gar nicht vom DSB eingeführt, sondern das geschah erst Wochen später. Ausserdem bin ich nicht zu meinem Rucksack gehechtet sondern habe mich unmittelbar bei Georgios für die Störung entschuldigt und erklärt, dass ich selbstverständlich NICHT abheben werde. Hätte ich das Vibrieren ignoriert und notfalls abgestritten, dass es aus meinem Rucksack kam, hätte ich die Partie wohl fortsetzen können. Im übrigen ist die Sanktion unverhältnismässig, da sie nur Vergessliche trifft, in meinem Fall jemand, der das Handy als Wecker verwendet und noch im Halbschlaf nicht lange genug auf die Austaste gedrückt hat.

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