Am vergangenen Wochenende fanden die Runden 14 und 15 der Schachbundesliga statt. Ich bin sehr dankbar, dass sich die Spieler zum Abschluss der Saison 2009/10 nochmal so richtig ins Zeug gelegt und erstaunlich viele Gurken produziert haben. An mancher Stelle war vielleicht der Abstiegskmapf schuld an anderer ließen es die Akteure merklich an Konzentration vermissen. Umso besser für uns.

14. Runde Schachbundesliga:

Der Kampf zwischen Erfurt und SF Berlin war ein Fehlerfestival ohnegleichen. Ich habe nur das folgende Beispiel rausgesucht.

Schoene,Maria (2274) – Berndt,Stephan (2442)
SBL 0910 Erfurter SK – Schachfr. Berlin (14.6), 10.04.2010

Stellung nach 20.Lb7?:

Weiß hatte gerade den Läufer von d5 nach b7 gezogen, was wenig Sinn macht. 20…Le6? Die Qualität zu geben, ist völlig unnötig. Nach 20…Tc7!-+ müsste der Läufer eigentlich wieder zurück. Schwarz stünde auf Gewinn. 21.Lxc8 Dxd2+? Noch eine unverständliche Entscheidung. Warum tauscht Schwarz die Damen? 21…Dxc8 und Schwarz steht trotz Qualität weniger immer noch besser, da der weiße König auf Dauer stark gefährdet ist. 22.Txd2 Im Endspiel vergab Schwarz noch einige Chancen, aber darauf gehe ich jetzt nicht ein, remis nach 62 Zügen.

Belezky,Alexander (2463) – Von Herman,Ulf (2424)
SBL 0910 Bayern München – SK König Tegel (14.4), 10.04.2010

Stellung nach 44…Kf8:

45.Lc4? Das verliert, da der König auf der ersten Reihe festgenagelt wird. Nach 45.Kf3! Txf2+ 46.Ke3! stünden die weißen Figuren sehr harmonisch, wodurch das Remis in Reichweite gewesen wäre. 45…Txf2+-+ Die Partie dauerte noch bis zum 70. Zug, aber ab hier ging nichts mehr für Weiß. 0-1

Tereick,Benjamin (2377) – Mann,Christian (2454)
SBL 0910 SC Eppingen – SV Wattenscheid (14.7), 10.04.2010

Stellung nach 33.Kg2:

Wegen des c-Bauern gibt Weiß noch nicht auf und wird am Ende belohnt. 33…Sa3? Das erschwert die Gewinnführung ungemein. 33…Sd2!-+ 34.c7 Lxc7 35.Sxc7 Td2?! Beser war 35…Td7 36.Sb5! Txb7 37.Sxa3 Tb2 damit der Springer erstmal passiv steht. 36.Lf3 Sc2 37.g4 Sd4 38.e3 Sxf3 39.Kxf3 Kg7 40.Se8+ Kf8 41.Sf6 Hier hätte Schwarz natürlich noch weiterspielen können, doch er gab sich mit Remis zufrieden. 41…Kg7 ½-½

Der Kampf zwischen Hamburg und Remagen ist qualitativ auf das Niveau von Erfurter SK – SF Berlin einzuordnen. Anbei gleich drei Beispiele, die ich nicht weglassen konnte.

Swinkels,Robin (2511) – Hansen,Sune Berg (2552)
SBL 0910 Hamburger SK – SC Remagen (14.3), 10.04.2010

Stellung nach 31…Sb5:

Die weiße Stellung macht natürlich keine Freude. 32.Kd3? Das stellt gleich zwei Bauern ein. 32.Ta4! und es wird weitergekämpft. 32…Sbxd4! 33.Sxd4 Sxf4+ 34.Kd2 Sxg2 35.Taf1 Th4 0-1

Und nun vielleicht der Hammer der ganzen Saison.

Popovic,Petar (2496) – Mueller,Karsten Dr (2523)
SBL 0910 Hamburger SK – SC Remagen (14.5), 10.04.2010

Stellung nach 30…Lc8:

Hier überschritt Popovic in ausgeglichener Stellung einfach mal die Zeit. Wenn das seine erste Partie in der Schachbundesliga gewesen wäre, dann könnte ich das vielleicht noch nachvollziehen, aber schaut mal hier nach wie viele Partien der Serbe in dieser Saison für Remagen gespielt hat. 0-1

Schulz,Klaus-Juergen (2385) – Huschenbeth,Niclas (2411)
SBL 0910 Hamburger SK – SC Remagen (14.7), 10.04.2010

Stellung nach 31…Lxc3?:

Huschenbeth hatte sich komplett veropfert und stochert seit geraumer Zeit im Nebel. Hier hat Weiß gleich drei Gewinnfortsetzungen. 32.bxc3? Danach hat Schwarz gutes Gegenspiel wegen des schwachen weißen Königs, aber es geht noch weiter. 32.Td8!+- (das Beste) gewinnt, da ein Läuferabzug nichts bringt. Es gewann auch 32.Dg8+ Txg8 33.hxg8D+ Kxg8 34.Td8+ Kf7 35.c8D Dxc8 36.Txc8+- mit Übergang in ein gewonnenens Endspiel. Sogar 32.Dxc3 ging: 32…Tc5 33.Td8 Txc3+ 34.bxc3 Da4+ 35.Kb2 Db5+ 36.Kc1 Dc5 37.c8D Dxc8 38.Txc8 Txc8 39.Kc2± 32…Dxc7 33.Td5 Taa8 34.Thd1 Da7 35.T1d4 Da1 36.Td1 Da6 37.Tb5 Da7 38.Tb6 Tfb8? 38…Tfc8!

39.Tdd6? 39.Ta1! Dc7 40.Txa8 Txa8± tauscht ein Turmpaar. 39…Tc8

40.Kd3? Das kommt natürlich nicht von ungefähr. Mit einem so offenen König eine praktische Partie zu halten, ist kaum machbar. 40…Da1-+ 41.Dc2? Df1+ 42.Kd2 Ta1 43.Db3 Ta2+ 0-1

Schwalfenberg,Joerg (2317) – Scholz,Christian (2373)
SBL 0910 Heidelberg.Handschuhsheim – SF Katernberg (14.6), 10.04.2010

Stellung nach 32…Sxd4:

Weiß steht klar auf Gewinn. 33.e6? Das stellt diesen wichtigen Bauern ein. 33.Kf2!, um das Schach auf d2 zu entkräften und danach den Bauern laufen zu lassen, gewinnt. 33…Td2+ 34.Kg1 Tc7 35.e7! Txe7 35…Tc1+?? 36.Df1 Se2+ 37.Kf2 Txf1+ 38.Ke3!!+- 36.Df6+ Tg7 37.Kf1 Se2 Hier sollte Weiß immer noch besser stehen, gibt sich aber mit Dauerschach zufrieden. 38.Df8+ Tg8 39.Df6+ Tg7 40.Df8+ Tg8 41.Df6+ ½-½

15. Runde Schachbundesliga:

Kraemer,Martin (2482) – Belezky,Alexander (2463)
SBL 0910 Schachfr. Berlin – Bayern München (15.4), 11.04.2010

Stellung nach 34.Dg5:

34…Lb6?? Das stellt den Läufer ein. Zuerst das Zwischenschach 34…Dd1+ und nach 35.Kg2 Lb6! und Schwarz kann noch kämpfen. 35.Dd8+ Kf7 36.Dd7+ Kg8 37.De6+ Kf8 38.Dxb6 Dd1+ 39.Kg2 Dxe2 40.De3 1-0

Berndt,Stephan (2442) – Meister,Peter (2396)
SBL 0910 Schachfr. Berlin – Bayern München (15.6), 11.04.2010

Stellung nach 27…hxg5:

28.Sxe6? Das geht taktisch nicht. 28.Dxb4! gxf4 ist unklar. 28…Sd3 29.Txd3? 29.De3 Dxf2+ 30.Dxf2 Txf2+ 31.Kg1 Txb2 29…cxd3 30.Sxf8 Df3! Die Pointe, die Weiß vielleicht übersehen hat. Schwarz gewinnt Material. 31.Kg1 d2 32.Tf1 d1D 33.e6 33.Txd1 Dxd1+ 34.Kg2 Txf8 35.Dc6 Dd3-+ 33…Ddd5 0-1

Von Herman,Ulf (2424) – Enders,Peter (2467)
SBL 0910 SK König Tegel – Erfurter SK (15.4), 11.04.2010

Stellung nach 52.Td6:

53.Tb7?? Lässt die Fesselung zu, wonach Schwarz alles abtauscht und in ein gewonnenes Bauernendspiel abwickelt. 53.Kc4 und es wird weitergekämpft. 53…Lf6 0-1

Ich bin mir nicht sicher, ob das hier stimmt, da in Eppingen am Sonntag die Liveübertragung ausfiel und es einfach zu krass wäre.

Mann,Christian (2454) – Kabatianski,Alexandr (2420)
SBL 0910 Turm Emsdetten – SC Eppingen (15.7), 11.04.2010

Stellung nach 22…Lxb4:

23.Dxa6?? 0-1

Tregubov,Pavel V (2649) – Ginsburg,Gennadi (2537)
SBL 0910 SV Mülheim Nord – Heidelberg-Handschuhsheim (15.2), 11.04.2010

Stellung nach 23.Sxd5:

23…Dc5+? Das stellt Material ein. 23…Tc2! 24.Sxf6 (24.Se3 Ld4!) 24…Dxf6 25.Txd7 Kg7 und Schwarz hat einiges Gegenspiel. 24.Dxc5+ Txc5 25.Sxf6+- Lf5 26.g4 Lc8 27.b4 Tc2 28.Te8+ Kg7 29.Txh8 Kxf6 30.Thd8 Lb7 31.T1d2 1-0

Scholz,Christian (2373) – Nisipeanu,Liviu-Dieter (2664)
SBL 0910 SF Katernberg – OSG Baden Baden (15.6), 11.04.2010

Stellung nach 22…Lxe2:

23.Lxe2? Übersieht ein Standardmotiv. 23.Txd4! Lxa6 24.Td7! mit Rettungschancen war angesagt. 23…Txc3! 0-1

Am Vortag wurde Jens Kotainy noch gefeiert, weil er gegen Heidelberg den späten Ausgleich besorgte, am Sonntag griff der 15-jährige aber gehörig daneben.

Kotainy,Jens (2243) – Dautov,Rustem (2596) [B10]
SBL 0910 SF Katernberg – OSG Baden Baden (15.8), 11.04.2010

1.e4 c6 2.c4 d5 3.cxd5 cxd5 4.exd5 Sf6 5.Da4+ Sbd7 6.Sc3 g6 7.Sf3 Lg7 8.Lc4 a6 9.0-0 0-0

10.Te1?? Stellt eine Figur ein. 10…b5 11.Lxb5 Sb6 12.Db3 axb5 13.Se5 Dd6 14.Sc6 Te8 15.Sb4 Lb7 0-1

Der Spielbetrieb der Schachbundesliga pausiert bis Oktober 2010. Bis dahin werde ich wohl ein paar Turniere spielen müssen, um euch ein paar saftige Gurken präsentieren zu können.

Kommentare

6 Antworten zu “Die Gurken des Wochenendes (25)”

  1. Schachzoo am 14. April 2010, 00:53

    Einspruuuuch!!

    Von Herman – Enders:

    Der weiße Fehler war nicht etwa 53.Tb7, sondern die Partieaufgabe im Zug danach! Wie die Erfurter in der anschließenden gemeinsamen Analyse erarbeiteten, war das entstehende Bauernendspiel nämlich in Wirklichkeit remis und Enders hätte andere Wege suchen müssen, um den Bauernvorteil noch durchzubringen.

  2. Daniel am 14. April 2010, 05:20

    Die Analyse würde ich sehr gerne sehen. Nach dem Abtausch auf d4 mit folgendem Kf6-g5 sehe ich nur eine Möglichkeit für Weiß zu remisieren. Nähmlich, Schwarz kennt die Dreieck Regel nicht.

  3. MiBu am 14. April 2010, 09:25

    Kann ich auch nicht nachvollziehen. Der Zoodirektor hat doch anhand seiner eigenen Partie aus der Ösiliga im Schachzoo erarbeitet, dass f und h gegen h gewonnen ist, wenn der wB schon nach h3 gezogen hat. Also: wKf3 und Bh3 gegen sKg5, Bf5 und h4 ist bei beliebigem Anzug verloren. Die gleiche Stellung mit Bh2 statt h3 ist mit W am Zuge verloren, mit S am Zuge Remis.

  4. Schachzoo am 14. April 2010, 10:06

    Pardon.

    Jetzt habe ich mich selber mal an die Stellung gesetzt – ganz, ganz knapp gewonnen. Die Zielstellung ist natürlich klar (entspricht der Kuzubov-Partie), aber mit der Umsetzung gab es noch so ein paar Probleme. Es geht um die Gegenfelder d4 und g6. Schwarz löst mit g5 die Bauern auf und geht dann auf die h-Linie, bis der weiße König auf d4 erscheint, um in diesem Moment …Kg6 zu ziehen und den entscheidenden Zugzwang zu erzwingen.

    Zu meiner Entschuldigung muss ich aber hinzufügen, dass ich während der Erfurter Analyse, selbst in eine Blitzpartie verwickelt, zwar noch reingerufen habe „Ich kenne diese Stellung, die MUSS eigentlich gewonnen sein!“ (Dafür gibt es Zeugen!), aber meine Gewinnversuche erwiesen sich als so wenig stichhaltig, dass ich lediglich das Gelächter von Enders & Co. auf mich ziehen konnte und mich wieder meiner Blitzpartie widmete. Auf jeden Fall hörte ich Enders noch viel später sagen, dass er im Falle des Bauernendspiels überhaupt nicht gewusst hätte, was er machen sollte.

    Fazit: Traue keiner Analyse, die du nicht selbst gefälscht hast.

  5. Die Gurken des Wochenendes (25) am 14. April 2010, 12:59

    […] ließen es die Akteure merklich an Konzentration vermissen. Umso besser für uns… mehr Gurken des […]

  6. charles o. ward am 15. April 2010, 09:02

    Sich als 1900er 30 s die Stellung anzusehen ist natürlich was anderes als sie OTB zu spielen.

    However, 20. … Tc7 erlaubt 21. Nxb5 und 22. Nxa3, womit der schwarze Bauernsturm für den Preis eines Läufers gekillt ist. Ist zwar für eine Engine ein schlechter Tausch, aber..

    Ich treffe beim Blitz auch immer mal Spieler, für die Angriff nur mit Bauern geht. Auch: Vielleicht war er sehr in seinen Angriff „emotional investiert“.

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