Gestern spielte ich in der 1. Holländischen Liga für meinen Verein Homburg Apeldoorn gegen HMC Calder. Zusammen mit IM Sebastian Siebrecht fuhr ich recht zeitig los, doch lauter Staus und ein mieser Routenplaner liessen uns eine halbe Stunde zu spät zur Partie erscheinen.

Souleidis,Georgios (2412) – de Jong,Jan Willem (2427) [C55]
1. Holländische Liga (8), 21.04.2007

[Georgios Souleidis]

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Sf6 4.d3 Le7 5.0-0 0-0 6.Lb3 d5 [6…d6 ist geläufiger.] 7.exd5 Sxd5 8.Te1 [Nächstes Mal spiele ich wahrscheinlich wieder das theoretisch erfolgreichere 8.h3 ] 8…Lg4 9.h3 Lxf3 Ab hier war ich „Out of Book“. Allerdings muss das kein Nachteil sein, da man seine Kreativität beweisen kann und das Schema-Denken minimiert. [Ich rechnete nur mit 9…Lh5 10.g4 Lg6 11.Sxe5 Sxe5 12.Txe5 was als besser für Weiss gilt, obwohl meine Intuition hier anderes sagt.] 10.Dxf3 Sd4 Bis hierhin spielte mein Gegner á Tempo. Warum, wird gleich aufgeklärt.
Diagramm1
11.Dxd5!? Obwohl ich wegen des Zuspätkommens hier nur 1:20 auf der Uhr hatte – in Holland spielt man mit der Bedenkzeit 2h 40Züge + halbe Stunde für den Rest – investierte ich für diesen Zug satte 40 Minuten, um mir über die Konsequenzen klar zu werden. Das Risiko in eine Vorbereitung rein zu laufen, klammerte ich aus, denn in der 1. Holländischen Liga kann man sich schwerlich auf seine Gegner vorbereiten: Die Aufstellungen werden erst 10 Minuten vor Spielbeginn bekannt gegeben! Mein Risiko wurde am Ende belohnt und ich verbrauchte auch nur noch 25 Minuten für den Rest der Partie. [Nach der Partie klärte mich mein Gegner auf, dass seine Spielweise auf folgender Partie beruhte, die letzte Woche bei der Europameisterschaft stattgefunden hat. Zum Glück hatte er sich aber nicht mit 11.Dxd5 auseinandergesetzt: 11.De4 c6 12.Dxe5 Lf6 13.Dh5 Sb4 14.Dd1 a5 15.Sa3 b5 16.c3 Sxb3 17.Dxb3 Sxd3 mit besserer Stellung für Schwarz in Nepomniachtchi,I (2602)-Naiditsch,A (2654)/Dresden GER 2007] 11…Dxd5 12.Lxd5 Sxc2 13.Txe5!N
Diagramm2
Wenn überhaupt, dann nur so. [Das Endspiel nach 13.Ld2 Sxa1 14.Tc1 Tad8 15.Sc3 c6 16.Lf3 Txd3 17.Le3 Lb4 18.Le2 Td7 19.Txa1 La5 ist mehr als zufriedenstellend für Schwarz, z.B. Dizdar,S (2325)-Mikhalchishin,A (2475)/Zenica 1989;
13.Te2? Sxa1 14.b3? war in meinen Berechnungen nach 10…Sd4 meine erste Idee, doch nach 14…Tad8! kann Weiss fast schon aufgeben.] 13…Lf6 Der logischte Zug. Allerdings kommen hier und in der Folge eine Reihe von weiteren Zügen bzw. Plänen in Betracht Doch in allen Varianten scheint Weiss zumindest Kompensation zu besitzen. [13…c6? 14.Lb3! Sxa1 15.Txe7 Sxb3 16.axb3±;
13…Tae8 14.Te2! Sxa1 15.Lxb7 Lg5 16.Le3 Lxe3 17.fxe3;
13…Ld6 14.Te2 Sxa1 15.Lxb7;
13…Tfe8 14.Te2 Sxa1 15.Lxb7] 14.Te2 Sxa1 15.Lxb7 Ein ganz wichtiger Zug, der die schwarze Bauernstruktur zerstört und die weissen Felder sichert. 15…Tab8 [15…Tfe8!? 16.Le4 Tab8 17.Sa3 Ld4 18.g4!] 16.Le4
Diagramm 3
16…Tb6?! [ Besser: 16…Ld4 17.g4 g6 18.Sa3 (18.g5 f6 19.gxf6 Txf6) 18…f5 19.gxf5 gxf5 20.Ld5+ Kh8 21.Le3] 17.Sa3 Tfb8 18.Sc4 Ta6 19.b3 Diese Stellung hatte ich im Voraus als gut für Weiss eingeschätzt. Weiss verfügt über zwei Riesenleichtfiguren, es ist nicht zu sehen wie der schwarze Springer wieder ins Spiel soll und ausserdem droht 20.Lf4.
Diagramm 4
19…Sxb3? Völlig unnötig, allerdings beruhte der Zug auf einem Rechenfehler. [19…c5!] 20.axb3 Ta1 21.Tc2 Txb3 22.Kh2 a5 [Schwarz wollte hier mit 22…Tc3? meinen Turm tauschen, doch unabhängig davon ob das überhaupt etwas gebracht hätte, scheitert das Ganze taktisch: 23.Tb2! Txd3 24.Lxd3 Lxb2 25.Lxb2+-] 23.Lf4 a4
Diagramm 5
24.Le5!+- Ausnahmsweise beweise ich in dieser Partie gute Technik. Zwei Leichtfiguren sind einfach besser als ein Turm, und der Freibauer erscheint nur stark. [24.Lxc7 gewinnt auch, ist aber viel komplizierter.] 24…Te1 Aus irgendeinem Grund bot mein Gegner hier Remis an. Der Rest ist einfach für Weiss. [24…Lxe5+ 25.Sxe5 f6 26.Sd7+-] 25.Lxf6 gxf6 26.Se3 a3 27.Txc7!
Diagramm 6
27…Tb8 [27…a2? 28.Tc8+ Kg7 29.Sf5+ Kg6 30.Tg8+ Kh5 und Weiss kann sich das Matt aussuchen.] 28.Ta7 Te2 29.Txa3 [Ich überlegte hier 4 Minuten an 29.Kg3 a2 30.Ld5 Tbb2 31.Sf5 h5 und sah, dass ich nach 32.Lxf7+ sofort gewinnen müsste, doch warum kompliziert wenn es auch einfach geht.] 29…Txf2 30.Kg3 Tfb2 31.Ta7 h5 32.Sf5 Td8 33.Sh6+ 1-0

Als wir wieder nach Hause fuhren, stand es 3,5 zu 3,5 bei noch drei laufenden Partien, die allerdings eher für unsere Gegner sprachen. Heute sah ich dann, dass der unglaubliche Bosboom seine verloren geglaubte Partie noch umbog. Mit den zwei restlichen Remisen gewannen wir den Kampf 5,5 zu 4,5 und liegen nun an dritter Stelle, was im Endeffekt ein Riesenerfolg wäre.

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