Aus der Bücherecke

Archiviert unter Kolumne, Schach 


Selten, aber es kommt vor, erhalte ich Rezensionsexemplare, über die ich doch bitte ein paar Zeilen schreiben möge. Ehrlich gesagt fällt mir das schwer, da ich, um meinen Ansprüchen gerecht zu werden, mir einige Zeit für die Lektüre nehmen müsste. Ich habe das mal ausführlich für das Königsindisch-Buch von Golubev, „Understanding the King´s Indian“, getan, doch da war meine Motivation groß, weil ich diese Eröffnung spiele. Damals hatte ich mir nach getaner Arbeit aber geschworen:“Ne, das machst du nie wieder.“ Um mir selbst nicht untreu zu werden, aber auch nicht die lieben Menschen, die mir unverhofft Bücher zuschicken, zu übergehen, schreibe ich ein paar Zeilen zu zwei aktuellen Erscheinungen, die mir vorliegen.

Dagobert Kohlmeyer und weitere Autoren, „Schacholympiade Dresden 2008“ – Offizielles Turnierbuch mit begleitender DVD

Ich arbeitete während der gesamten Olympiade im Pressezentrum und bekam mit, wie Dagobert (Dago) Kohlmeyer, dem die Gesamtleitung oblag, täglich hin und her wuselte, um Material für dieses Projekt zu sammeln. Machmal hatte ich den Eindruck, dass er sich etwas zu viel zumutet, aber schaut man sich das Ergebnis an, so hat es sich wohl gelohnt. Auf knapp 200 Seiten finden sich Rundenberichte mit Partieanalysen, umfassendes Fotomaterial, Geschichten vom Randgeschehen und wie es sich für ein Nachschlagewerk gehört, ausführliche Statistiken (auch von den Rahmenveranstaltungen). Kritikpunkt: Einige Beiträge wurden schon auf der Webseite veröffentlicht und dienen somit nur als Füllmaterial. Da ich wie gesagt dabei war, ist das Buch für mich eher unspannend, aber als Nachschlagewerk sehr erwünscht. Danke! Sehr gelungen ist die beiliegende DVD. Ich habe selten so eine gute DVD, die als Beilage verkauft wird, gesehen. Kein Wunder, denn PC-Ware, einer der Co-Sponsoren, war für die Gestaltung mitverantwortlich: Ca. 1,5 Std. Filmmaterial, Statistiken zu den Hauptturnieren und allen Rahmenveranstaltungen, alle Partien der Olympiade und Fotomaterial bis zum Abwinken, das kann sich sehen lassen.
Für mich müsste es fast heißen: Offizielle Turnier-DVD mit begleitendem Buch.
Fazit: Wer ein Nachschlagewerk über die Schacholympiade in Dresden sucht, eine Auswahl gibt es eh nicht auf dem Markt, der kann ruhig zuschlagen. Der Preis liegt mit 24,90 im vernünftigen Rahmen.

Manfred Herbold, „Der Schachtherapeut“

Gefühlte 20 Jahre musste die Schachgemeinde auf das annoncierte Buch aus der Feder des einzig mir bekannten Schachtherapeuten warten. Letztes Jahr bat mich der Autor, mit dem ich regelmäßig kommuniziere und den ich inzwischen auch persönlich kenne, gebeten, ein Vorwort zu schreiben. „Nun gut“, dachte ich mir, „das Buch kommt eh nie raus, also liest eh keiner meinen Stuss“. Dummerweise hat Manfred sein Projekt abgeschlossen und nun muss ich mein eigenes Vorwort lesen.

Wer Manfred Herbold noch nicht kennt, er hat eine Webseite im Netz ((Der Schachtherapeut)), die allen geplagten Schachseelen so etwas wie „psychologische Betreuung“ bietet. Besonders erwischt hat es seinen Dauerpatienten Lobrehd, der bei ihm ein- und ausgeht und mit dem der Meister zahlreiche witzig-skurrile Geschichten erlebt hat.
Des Autors Erstlingswerk (ca. 170 Seiten) basiert auf dessen jahrelange Praxiserfahrung und behandelt auf 20 Kapiteln die klassischen Themen, mit denen sich wohl jeder Schachspieler schon mal auseinandergesetzt hat: Zeitnot, Frauenschach, schlechten Verlierern, Schachblindheit oder Betrug um nur einige zu nennen. Zahlreiche Gastautoren bereichern das Werk: Glänzt z.B. schon Hartmut Metz mit „Das lustige Schachlexikon von Att bis Matt“, treibt Franz Jittenmeier, Betreiber der Webseite Schach-Ticker, mit zwei Geschichten aus seiner kultigen Reihe „Hömma“, einem die Tränen in die Augen. Das Buch, das mit zahlreichen liebevollen Karikaturen von Frank Stiefel auch etwas für das Auge bietet, lädt zum Schmökern und Lachen ein und da es kaum einen Autor gibt, der Schach auf so humorvolle Weise reflektiert, kann ich bedenkenlos, auch weil der Preis mit 15 Euro sehr human angesetzt ist, eine Kaufempfehlung aussprechen. Dank Hardcover, Fadenheftung und bester Papierqualität ist es auch als Geschenk gut geeignet.

Zwei Leseproben:
Frauenschach
Die psychopathische Plaudertasche

Wer sich für einen Kauf entschließt, sollte direkt mit dem Autor per E-Mail in Kontakt treten: mherbold@gmx.net

Warnung: Ich habe beide Werke nur angelesen, somit handelt es sich hier nicht um ausführliche Rezensionen.

Kommentare

8 Antworten zu “Aus der Bücherecke”

  1. Lenfant am 12. März 2009, 21:38

    Danke, nun weiß ich endlich, was auf der DVD zur Schacholympiade alles drauf ist…
    Wird gekauft!
    Aber Literaturhinweise werden kaum gebloggt; eigentlich Schade!

  2. Peter B am 13. März 2009, 12:21

    Bücher zur Olympiade werden immer wertvoller. Anscheinend hat man beschlossen die offizielle Webpage zu schließen.

    Frage: Sind die Partienotationen (speziell der deutschen Partien) korrigiert worden? In den pgn-Dateien die ich runtergeladen hatte, waren (allerdings in Einzelfällen falsche Züge drin wie schon in Schach 12/2008 und 1/2009 bemerkt wurde.

  3. Georgios Souleidis am 13. März 2009, 13:22

    „Anscheinend hat man beschlossen die offizielle Webpage zu schließen.“
    Vor ein paar Tagen war sie noch online, bin überrascht. Aber vielleicht ist das nur temporärer Natur.
    Zu den Partienotationen kann ich nichts sagen. Das wäre mir zu viel Aufwand, um es festzustellen. Mal davon abgesehen finde ich es nicht schlimm, wenn Fehler drin sind.

  4. Schachtherapeut Manfred Herbold am 16. März 2009, 20:17

    Insgesamt ist eine Schachtherapeut-Trilogie geplant. Band 2 wird inhaltlich bald abgeschlossen, aber in Band 3 ist noch etwas Platz für außergewöhnliche Partien + Schacherlebnisse.

    Also, wer mir etwas zusendet, muss damit rechnen, dass es auch veröffentlich wird. 🙂

  5. Schachtherapeut Manfred Herbold am 16. März 2009, 20:22

    P.S. Meine eMail-Adresse: mherbold@gmx.net

  6. Hamburgs langweiligster Schachspieler am 17. März 2009, 13:48

    Und wie Fans von Douglas Adams oder Konrad Beikircher wissen, ist eine Trilogie ja nicht unbedingt auf drei Bände beschränkt 🙂

  7. Christopher Graw am 18. März 2009, 10:10

    Hallo,

    Herr Schachtherapeut, ist es gut genug, wenn ich in einer total breiten Stellung gegen einen GM, wo der nur noch 8 Sekunden für 10 Züge hat, eine dreifache Zugwiederholung schlichtweg verpeile, obwohl sie tatsächlich auf dem Brett war und dann tatsächlich einen Zug mach, worauf er der erneuten Wiederholung aus dem Weg geht und den 40. Zug schafft?

  8. Schachtherapeut am 05. April 2009, 09:54

    Hallo,

    gerne!

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