Analysen aus Griechenland

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Wie versprochen ((Von wegen Urlaub (2))) liefere ich mit diesem Beitrag Analysen zweier meiner Partien von der griechischen Mannschaftstmeisterschaft ((Griechische Mannschaftmeisterschaft)). Da ich seit einigen Tagen im ruhigen Dorf meines Vaters weile, hatte ich mehr als genug Zeit, meine Partien ausführlich zu analysieren.

In der ersten Runde, genau an meinem Geburtstag, ging ich als Favorit in die Partie und wollte natürlich unbedingt gewinnen. Nachdem ich in der Eröffnung unfreiwillig experimentiert hatte, musste ich mich im Endspiel ganz schön strecken, um den vollen Punkt einzufahren.

Kiriakopoulos, Antonis (2100) – Souleidis, Georgios (2431)
Griechische Mannschaftsmeisterschaft (1), 06.07.2008

Stellung nach 29.gxf3:

Diagramm 1

Schwarz verfügt über leichten Vorteil. Der Bauer e6 wird früher oder später fallen und der d-Bauer ist ne ständige Gefahr. Das Material ist aber stark reduziert und die weissen Remischancen sind intakt. Ausserdem ist nicht klar, was Schwarz mit seinem h-Bauern machen soll. 29…Tc8!? Sieht auf dem ersten Blick gut aus, aber im weiteren Verlauf wird sich zeigen, dass nach dem Turmtausch die Stellung trotz Mehrbauer wahrscheinlich nicht gewonnen ist. 29…Kg7 30.Tc1 Während der Partie schätzte ich diese Stellung als ausgeglichen ein, da der weisse Turm aktiviert wird, doch objektiv war das für Schwarz vielleicht die bessere Wahl. 30…Le5! 31.Kg2 (31.Tc5?! Kf6 32.Lxh6 Tg8+ 33.Kf1 Kxe6 34.h4 Tg3 35.f4?! (35.Kf2 Th3; 35.Ke2 Tg2+ 36.Kd3 Txb2 und Weiss müsste sich schon sehr genau verteidigen, um das Remis zu sichern.) 35…Lxf4 36.Lxf4 Tf3+ 37.Ke2 Txf4 38.Tc7 Txh4 39.Txb7 Kf6 40.Tb6+ Kf5 41.Txa6 e5 42.Kd3 Th3+ 43.Kc4 d3 und Schwarz dürfte gewinnen; 31…Tf6 32.Te1 Tg6+ 33.Kf1 (33.Kh3?! Kf6 34.f4 Ld6 35.Te4 d3 36.Te3 Kf5 37.Txd3 Txe6 und Schwarz verfügt dank seiner aktiveren Figuren über gute Gewinnchancen. Konkret dürfte der Bauer f4 bald fallen.) 33…Kf6 Es erscheint mir wichtiger, den König zu aktivieren, statt den h-Bauern einzuheimsen. (33…Lxh2 34.Te4 Ld6 35.Txd4 Txe6 36.Th4 mit Gegenspiel, das nicht leicht zu entkräften ist.) 34.f4 Ld6 35.Te4 Kf5 (35…d3 ändert nichts und führt nach 36.Te3 Kf5 37.Txd3 Txe6 38.Td4 Te4 39.Td5+ Ke6 40.Th5 Lxf4 41.Lxf4 Txf4+ 42.Ke2 Tf6 zur fast gleichen Stellung wie nach 35…Kf5.) 36.Txd4 Txe6 37.h3 Te4 38.Td5+ Ke6 39.Th5 Lxf4 40.Lxf4 Txf4+ 41.Ke2 Tf6

Analysediagramm
Analysediagramm

Um auf Gewinn zu spielen, wäre dieses Turmendspiel geeigneter gewesen, als das Läuferendspiel in der Partie. Objektiv dürften die weissen Remischancen aber grösser als die schwarzen Gewinnchancen sein. 30.Tc1 Nach 30.Lxh6?! Kh7 31.Lf4 Tc2 steht Schwarz einfach zu aktiv. 30…Txc1+ 31.Lxc1 Kg7 32.Kf2 Kg6 33.Ke2 h5 34.Kd3 Kf5 35.b4 Kxe6 36.Ke4 Kd6 37.f4 e6

Diagramm 2

Dieses Endspiel ist nach dem Turmtausch mehr oder weniger forciert entstanden. Trotz Minusbauer dürfte Weiss bei genauem Spiel die Stellung halten können. Sein König nimmt auf e4 einfach eine zu dominante Position ein. 38.Lb2? Ich hatte schon bei 29…Tc8 gesehen, dass das nicht funktioniert, sonst hätte ich mich natürlich nicht auf die ganze Variante eingelassen. Nach 38.Ld2! Kc6 39.a4 b5 40.a5 Kd6 41.Le1 d3 42.Kxd3 Kd5 stellt sich die Frage, ob Schwarz den Weissen austempieren kann. Die Frage kann ich so ohne weiteres nicht beantworten. 38…d3! 39.Le5+?? Das ist natürlich Quatsch, weil es in ein elementar verlorenes Bauernendspiel überleitet. 39.Lc1 Lc3 40.Kxd3 Lxb4 ist klar besser für Schwarz. 39…Lxe5 40.fxe5+ Kc6 41.Kxd3 Kd5 42.b5 axb5 43.Kc3 Kxe5 0-1

In der sechsten Runde spielte ich gegen den Grossmeister Athanasios Mastrovasilis (Foto). Da ich am Morgen schon gegen Grossmeister Stelios Halkias gespielt hatte ((Schach ist konkret)), war ich müde und einem Remis nicht abgeneigt. Ausserdem war das Rennen um die Meisterschaft gelaufen, was meiner Motivation zusätzlich abträglich war. Die Partie ist voller Fehler, aber trotzdem interessant. Zum Einen aus theoretischer Sicht und zum Anderen…ach ich weiss auch nicht. Schaut sie euch einfach an.

Athanasios Mastrovasilis


Souleidis, Georgios (2431) – Mastrovasilis, Athanasios (2524) [C41]
Griechische Mannschaftsmeisterschaft (6), 09.07.2008

1.e4 e5 2.Sf3 d6 3.d4 exd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 Le7 6.Lf4 0-0 7.Dd2 c6 8.0-0-0 b5

Das ist eine kreuzgefährliche Variante, die Schwarz in einer praktischen Partie gute Chancen zu bieten scheint. 9.f3 b4 10.Sce2 10.Sb1 wurde auch schon mehrmals gespielt. 10…c5 11.Sb3!

11.Sf5?! punktete miserabel für Weiss. Z.B.: 11…Lxf5 12.exf5 d5 13.Lxb8 Txb8 14.Sf4 Da5 15.Kb1 c4 16.g4 Tb6 17.g5 Ta6 18.a3 Db6 19.axb4 Lxb4 20.c3 Da5 21.cxb4 Da2+ 22.Kc1 Db3 23.Kb1 Ta2 24.Lxc4 dxc4 25.Dc3 Da4 26.Kc1 Ta1+ 27.Kd2 Txd1+ 28.Txd1 Td8+ 29.Ke3 Sg4+ 30.fxg4 Dxd1 31.g6 hxg6 32.fxg6 Dg1+ 33.Kf3 Td4 34.gxf7+ Kxf7 35.De3 Dd1+ 36.Kg3 Db3 37.Kf3 Dxe3+ 38.Kxe3 Td1 39.h3 g5 0-1 Bindrich,F-Schneider,I/Pardubice 2006 11…Sc6 11…c4!? 12.Sbd4 Da5 13.Kb1 Td8 14.a3 c3? (14…d5 15.e5 ist unklar) 15.axb4 Dxb4 16.Sxc3± ½-½ Kulik,D-Thinius,M/Bad Zwischenahn 2006. 12.Lxd6 c4

13.Lxe7 13.Sc5!? sieht auf dem ersten Blick stark aus für Weiss, aber nach… 13…Da5 [13…Db6 14.Lxe7 Sxe7 15.Dd6 Sc6 (15…Te8 16.Sa4 Da5 17.b3 cxb3 18.axb3 Lb7 19.Dc5±) 16.Sd4] 14.Lxe7 Sxe7 15.Dd6 Sf5! scheint Schwarz starken Angriff zu erhalten. 16.exf5 Dxa2 17.g4 a5 18.Td4 Te8 19.Kd1 (19.Dc6 Ld7! 20.Sxd7 Tac8) 19…Dxb2 20.Sc1 b3 21.cxb3 cxb3 22.Ld3 a4 23.Te1 Txe1+ 24.Kxe1 Dxc1+ 25.Ke2 Lb7 26.Dd8+ Se8 27.De7 Lc6 28.Lc4 Sf6 29.Lxf7+ Kh8 30.Sd3 b2 31.Td8+ Txd8 32.Dxd8+ Le8 33.Lxe8 Dc2+ 34.Ke3 Sd5+ 35.Kd4 Dc3+ 36.Ke4 Dc7 37.Dxc7 Sxc7 38.Sxb2 a3 39.Lf7 axb2 40.La2 Sb5 41.Kd3 Sa3 42.g5 b1L+ 43.Lxb1 Sxb1 44.h4 Kg8 45.h5 Kf8 46.f4 Ke7 47.Kd4 Sd2 48.Ke3 Sc4+ 49.Kd4 Sd6 50.Ke5 Sf7+ 51.Kd5 h6 52.f6+ gxf6 53.g6 Sd8 54.f5 Sb7 55.Kc6 Sa5+ 0-1 DIEP-CRAFTY/Turin ITA 2006. 13…Dxe7 14.Sbd4 Ich glaube, dass dies die Stellung ist, die Christian Seel in seinem Buch über dieses System angibt. Ich konnte mich allerdings nicht an meine Analysen, die schon ca. zwei Jahre zurückliegen, erinnern. 14…c3

15.Dg5?! Der Bauer musste natürlich geschlagen werden. 15.bxc3! bxc3 (15…Se5?! 16.cxb4 Tb8 17.a3 a5 18.c3 axb4 19.cxb4±) 16.Dxc3 Sb4 [16…Sxd4 17.Sxd4 Ld7 18.La6 Tab8 19.Da5 Tb6 (19…Tb4 20.Sb3 Le6 21.Td4!±) 20.Lc4 Tc8 21.Lb3 Le6 22.Sxe6 fxe6 23.Td4±] 17.Db3! Td8 (17…Tb8 18.a3 Le6 19.Sxe6 Sxc2 20.Dxc2 Dxa3+ 21.Kd2 Tfc8 22.Dd3 Tb3 23.Dxb3 Dxb3 24.S6d4 Db4+ 25.Ke3± Ich meine, mich erinnern zu können, dass ich genau diese Stellung schon mal analysiert habe.) 18.c3 Sa6 19.Sc6 Txd1+ 20.Dxd1 Da3+ 21.Kb1 Lb7 22.Sed4 Lxc6 (22…Dxc3?! 23.Dc1±) 23.Sxc6 Dc5 24.Da4 Sb8 (24…Tc8 25.Lb5!+-) 25.Sd4 Sbd7 (25…Dxc3 26.Lb5!±) 26.Lb5 Tb8 27.Tc1 Se5 28.Ka1± 15…Td8! 16.b3?! 16.Sxc6 Txd1+ 17.Kxd1 Dd6+ 18.Kc1 cxb2+ 19.Kxb2 Dxc6 und Schwarz hat sehr gute Kompensation für den Bauern. 16…Dd6 17.g3 h6 18.Df4 Se5 19.Lg2 Lb7

20.Sb5?? Ein furchtbarer Zug, der zwei Tempi wegwirft und eigentlich auch die Partie. Ich hatte den nächsten schwarzen Zug einfach nicht gesehen. Die einzige Erklärung, die ich dafür habe, ist, dass es die zweite Partie innerhalb eines Tages und ich kaum motiviert war. 20.Kb1 a5 21.Sf5 Dxd1+ 22.Txd1 Txd1+ 23.Sc1 Sfd7 24.Se3 Td2 25.Lh3 g5 26.Df5 Ta6 und die weisse Stellung macht keinen guten Eindruck. 20…Dc5 21.Sbd4 Bitter, aber der musste wieder zurück. 21…a5 22.De3 22.Sf5 Df2 23.The1 Txd1+ 24.Txd1 Dxg2 25.Dxe5 Dxe2 26.Sxh6+ gxh6 27.Dxf6 De3+ und Schwarz steht klar besser. 22…a4 23.Sf5

23…Txd1+? Mein Gegner dachte, dass ich mit dem Turm wiedernehmen müsste und nahm deswegen zuerst auf d1. Er war wohl auch müde vom vielen Spielen. [23…axb3 24.Dxc5 (24.cxb3 Txd1+ 25.Txd1 Dxe3+ 26.Sxe3 Txa2 27.Sc2 Tb2 und Schwarz steht klar besser) 24…bxa2 25.Txd8+ Txd8 26.Se7+ Kh7 27.Sxc3 a1D+ 28.Sb1 b3 29.Dc3 Da2 30.Db2 Te8 31.Dxb3 (31.Sf5 Tc8-+) 31…Dxb3 32.cxb3 Txe7 und Schwarz steht klar besser]. 23…Da5! 24.Txd8+ Txd8 25.Td1 Te8 sollte dagegen einfach Matt sein. 24.Kxd1! Klar, jetzt läuft der König weg. 24…axb3 25.Dxc5 bxa2 26.Ke1 Beinahe hätte ich 26.Dxe5?? a1D+ 27.Sc1 Dxc1+ 28.Kxc1 Ta1# gespielt. Am Besten war 26.Sed4! a1D+ 27.Ke2 Da6+ 28.Ke3! (28.Kf2 Sd3+! 29.cxd3 Dxd3 30.Te1 Ta2+ 31.Se2 b3 32.Dc7 Txe2+! 33.Txe2 b2 34.Db8+ Kh7 35.Df8 Sh5 36.Se7 Dd4+ 37.Te3 Sf6 38.Sf5 Sxe4+! 39.fxe4 Df6) 28…Te8 29.h3 mit unklarer Stellung.

26…a1D+ 26…Seg4! Mein Gegner hatte diesen Zug gesehen, konnte die Variante ín Zeitnot aber nicht durchrechnen. 27.fxg4 Lxe4! Das war ihm entgangen. 28.Sed4 a1D+ 29.Ke2 Da6+ 30.Db5 Dxb5+ 31.Sxb5 Lxg2-+. 26…b3? war meine Idee: 27.Kf2 b2 28.Sxc3 a1D (28…b1D? 29.Txb1+-) 29.Dxe5 Lxe4 30.Se3 Lg6 31.Db5±. 27.Kf2 Da7 28.Dxa7 Txa7 29.Tb1 Ta4? 29…Ta2! 30.Sfd4 Tb2 31.Ta1= 30.Sxc3 bxc3 31.Txb7 Ta2

32.Sd4? 32.Se3! Sc4!? 33.Lf1 Sxe3 34.Kxe3 Txc2 35.Tb8+ Kh7 36.Ld3+-. 32…Ta4 32…Sc6! 33.Sxc6 Txc2+ 34.Kg1 Tc1+ 35.Lf1 c2 36.Se7+ Kf8 37.Tc7 Se8 38.Sg6+ fxg6 39.Tc8 Ke7 40.Kf2 Sf6=. 33.Ke3 Sc4+ 34.Kd3 Se5+ 35.Ke3 Sc4+

36.Kf2?! 36.Ke2! Se5 (36…Sd6 37.Tb8+ Kh7 38.Sb3 Ta2 39.Kd3±) 37.Tb8+ Kh7 38.Td8 g5 39.Sf5 Ta2 40.Se3 Sc4 41.Lf1+-. 36…Se5 37.Se2 Ta2

38.Tc7?! 38.Tb5! Sfd7 39.Tb3 Txc2 40.Txc3± hätte mir eine bessere Variante des Endspiels beschert, da Schwarz f4 nicht verhindern kann. 40…Ta2 41.h3 g5 42.f4 gxf4 43.gxf4 Sg6 44.Ke3±. 38…Txc2 39.Txc3 Tb2 Das Endspiel sieht klar besser aus für Weiss, doch er kommt nicht so einfach zu f4. Schwarz verteidigt sich nun grossmeisterlich. 40.h3 Vielleicht hätte ich sofort den Läufer aktivieren sollen. 40.Lh3!? Kf8 41.Lc8 Tb4 42.h3 Ke7 43.Ke3 mit etwas besserer Stellung für Weiss.

40…g5! 41.Ke3 41.f4 gxf4 42.gxf4 Sg6 43.Ke3 Txe2+ 44.Kxe2 Sxf4+ 45.Kf3 Sxg2 46.Kxg2 Sxe4=


Analysediagramm

Beide Spieler bezweifelten nach der Partie, dass Weiss hier Gewinnchancen hat. 41…Sg6 42.Lf1 Sh5! 43.Tc5 f6!

44.Tc8+ Mit 44.h4 hätte man noch weiterspielen können, doch ich war müde und hatte keine Lust mehr. 44…Se5 45.hxg5 hxg5 46.Tc3 g4 47.f4 Sf3 48.Kf2 mit etwas besserer Stellung für Weiss. 44…Kg7 45.Tc7+ Da mir nichts mehr einfiel und wir beide auf ein paar Minuten runter waren, gab ich die Partie Remis. 45…Kh8 46.Tc8+ Kh7 47.Tc7+ Kh8 48.Tc8+ ½-½

Sportlich lief für mich die Meisterschaft sehr zufriedenstellend. Ich holte sechs Punkte aus sieben Partien und gewann den Preis für den besten Spieler an Brett vier und etwas über zehn Elopunkte. Hoffentlich läuft es in Paleochora ((Paleochora Open)) genauso gut. Die Schachfreunde Siebrecht und Henrichs tummeln sich übrigens auf dem Open in Ikaria zur Zeit rum ((Ikaros 2008)).

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