Nach der letzten Runde des Corus Chess Festivals änderte sich nichts mehr an der Spitze der A-Gruppe. Carlsen blockte Radjabovs Königsinder und früh wurde deutlich, dass das Remis am Ende unvermeidlich sein wird. Genauso wenig konnte Polgar mit Weiss Aronian herausfordern, der seine Hausaufgaben in der Eröffnung inzwischen gemacht hat.

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Polgar, Judit – Aronian, Levon
CCT 2008 Wijk aan Zee A-Gruppe (13), 27.01.2008

Stellung nach 20…Lh5:

Diagramm 1

Diese Stellung, die aus dem Marshall-Gambit der spanischen Eröffnung entsteht, erreichten die beiden ohne gross nachzudenken. Weiss hatte etwas über zehn Minuten und Schwarz gerade mal etwa fünf Minuten verbraucht. Da Aronian regelmässig das Marshall-Gambit anwendet und genau diese Stellung schon vor Jahren auf dem Brett hatte, kann man davon ausgehen, dass er alles in und auswendig kennt. So gesehen sind weisse Gewinnversuche gegen ihn fast schon unsinnig in dieser Variante. 21.Lf4 21.g4 fxg4 22.hxg4 Lxg4 23.a4 verspricht Weiss auch keinen Vorteil. Alle Partien auf hohem Niveau endeten Remis. 21…Lxf4 22.gxf4 fxe4 23.dxe4 Lf3+ 24.Kxf3 Txf4+ 25.Kg3 Tfxe4 26.Txe4 Txe4 27.f3 Te5 Der Armenier weicht von seiner Vorgängerpartie ab. [27…Te2 28.c4 bxc4 29.Lxc4 Txb2 30.Lxa6 g5 31.a4 (31.Lc4!?) 31…Kg7 32.a5 Sf4 33.Lf1 Kg6 34.h4 Kf5 35.a6 ½-½ Nakamura,H (2613)-Aronian,L (2684), Gibralter Masters 2005.] 28.c4 bxc4 29.Lxc4 a5 30.Tc1 Tg5+ 31.Kf2 Kf8

Diagramm 2

32.Lf1 Hiernach passiert bis zum Ende der Partie wenig Aufregendes und die Partie erhält ihr logisches Ende. [32.Ld3!? Macht einen besseren Eindruck, um den Läufer auf eine aktive Diagonale zu stellen. 32…Sb4 (Nach 32…Sf4?! 33.Lf1! Tg2+ 34.Lxg2 Sd3+ 35.Ke3 Sxc1 36.a3 hat Weiss einen kleinen Vorteil im Endspiel.) 33.Lxh7!? (33.Le4 Sxa2 34.Txc6 Tb5 und Schwarz hat genügend Gegenspiel.) 33…g6 34.Td1 Sxa2 35.h4 Tb5 36.Lxg6 Txb2+ 37.Kg3 hätte vielleicht für Aufregung gesorgt. Der Läufer ist dem Springer bei Freibauern auf entgegengesetzten Flügeln bekanntlich überlegen.] 32…Se7 33.Tc4 Td5 34.Ta4 Ke8 35.Lc4 Td2+ 36.Ke3 Txb2 37.Txa5 Kd7 38.f4 Kd6 39.f5 Th2 40.Lf1 Sd5+ 41.Kf3 Tc2 42.a4 Tc3+ 43.Kf2 Tc2+ 44.Kf3 Tc3+ 45.Kf2 Se7 46.f6 gxf6 47.Th5 Tc2+ 48.Kf3 Ta2 49.a5 c5 50.a6 Sc6 51.Ke3 Sb4 52.Lc4 Ta3+ 53.Ke4 Sxa6 54.Th6 Ta4 55.Txf6+ Ke7 56.Txa6 Txc4+ 57.Kd5 ½-½

Die dritte Spitzenbegegnung zwischen Anand und Kramnik bescherte ausnahmsweise eine aufregende russische Partie und bei einem Sieg hätte Anand zu Aronian und Carlsen aufschliessen können. Doch am Ende langte es nur zu einem Remis. Damit gewinnen Levon Aronian und Magnus Carlsen die A-Gruppe des Corus Chess Festivals 2008.

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In der B-Gruppe sicherte sich Sergei Movsesian durch ein schnelles Remis in der letzten Runde gegen Koneru den Turniersieg und darf nächstes Jahr in der A-Gruppe spielen. Erwähnenswert wäre vielleich noch der einzige Sieg des starken Armeniers Sargissian in der letzten Runde, nachdem er das Turnier als Nr. 4 der Setzliste begann.

[TABLE=11]

In der C-Gruppe erzielte der junge Caruana mit 10 aus 13 das beste Score aller Teilnehmer. In der letzten Runde kam es zum Endspiel gegen Negi, der mit Schwarz nochmal alles versuchte, um den Italiener einzuholen.

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Caruana, Fabiano – Negi, Parimarjan
CCT 2008 Wijk aan Zee C-Gruppe (13), 27.01.2008

Stellung nach 17…Tae8:

Diagramm 3

Noch eine Stellung aus dem Marshall-Gambit und auch hier wird deutlich, dass Weiss keinen Eröffnungvorteil hat. 18.f3 Vielleicht ist 18.Txe8 Txe8 19.f3 ,was in Svidler,P (2735)-Leko,P (2751), Mexico City 2007 vorkam, etwas genauer. 18…Txe1 18…Lh3 19.Df2 Txe1+ 20.Dxe1 Sf6 mit Kompensation, kam in Motylev,A (2645)-Vajda,L (2564), Predeal ROU 2007, vor. 19.Dxe1 Lxf3 20.Sxf3 Dxf3 21.Ld2 h5 22.Dd1 Df5 23.Lc2 Dh3 24.Df3 g6 25.Lh6 Te8 26.Tf1 De6 27.b3 Lf8 28.Ld2 Lg7 29.Kh1 Bis hierhin war nichts besonderes passiert. Weiss hat das Läuferpaar, aber sein König steht etwas luftig.

Diagramm 4

29…b4!? Da Negi gewinnen muss, um Caruana den ersten Platz streitig zu machen, fängt er an, etwas zu riskieren. 30.cxb4 Lxd4 31.Ld3 Te7 32.Lxa6 Ta7 33.b5 Sf6 Nach 33…cxb5 34.Lxb5 Txa2 35.Lc4 Txd2 36.Lxd5 Df6 37.Lxf7+ Kg7 38.Dxf6+ Lxf6 39.Lc4 hätte Schwarz keine Gewinnmöglichkeiten mehr gehabt. 34.Te1 Dh3 35.a4 Sg4 36.Te8+ Kh7 37.Te2 Kurz vor der Zeitkontrolle wird das Spiel ungenau.

Diagramm 5

37…Se5? 37…Te7! 38.Tg2 cxb5 39.Lxb5 h4 war interessant, wonach Weiss sehr umsichtig hätte spielen müssen, um die gegnerischen Drohungen zu parieren. Die Stellung dürfte sich im dynamischen Gleichgewicht befinden. 38.Df4 38.Txe5! Lxe5 39.Le3 Te7 40.bxc6± 38…Dd7 39.Lc8!? Dd8?! Nach 39…Dd5+! 40.De4 Dxb3 41.Dxd4 Df3+ 42.Tg2 Txa4! 43.Dxa4 (43.Dc3? Sd3!) 43…Df1+ 44.Tg1 Df3+ 45.Tg2 Df1+ wäre die Partie mit einem beiderseitig verdienten Remis beendet worden. 40.b6?! Sieht aus wie der Ausheber, doch ist er es nicht. 40.bxc6 Sxc6 41.Lh3 mit kleinem Vorteil für Weiss. 40…Dxb6 41.Txe5 Lxe5 42.Dxe5 Dxb3 43.a5 Das war die Idee des Weissen, zwei Läufer sind in der Regel besser als ein Turm. Ausserdem bestitzt er einen entfernten Freibauern.

Diagramm 6

43…Dd1+? 43…Dd3! haben beide übersehen. Schwarz droht Matt auf f1. 44.Df4 (44.De1? Te7!! 45.Df2 Kg8!-+) 44…Kg8 45.a6 Te7 46.Lh3 Dxa6 und die Partie wäre plötzlich völlig offen gewesen. 44.De1 Erst danach steht Weiss klar besser. Den Rest fuhr der junge Italiener ziemlich nüchtern nach Hause. 44…Df3+ 45.Kg1 h4 46.a6 h3 47.Df1 De4 48.Lb7 Kg8 49.Le1 Db1 50.Lf2 Txb7 51.axb7 Dxb7 52.Dxh3 Db1+ 53.Df1 De4 54.De1 Df3 55.De5 f6 56.Df4 Dc3 57.Kg2 f5 58.Dd6 Kf7 59.Dc5 Df6 60.Ld4 De6 61.De5 1-0

Einen versöhnlichen Abschluss feierte der Deutsche Arik Braun, der gegen die Russin Ushenina gewann und somit den geteilten fünften bis achten Rang belegte.

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Kommentare

6 Antworten zu “Aronian, Carlsen, Movsesian und Caruana”

  1. StefanLöffler am 29. Januar 2008, 17:03

    Schön, dass Du noch ohne Computer analysierst, aber 37…Te7 wäre nicht Negis Chance gewesen sondern ein Einsteller: 38.Txe7 Sf2+ 39.Dxf2 Lxf2 40.Txf7+ nebst 41.Txf3 und dankeschön. Caruana sagte, ich glaube im Interview mit Chessvibes, dass er diese Partie selbst, allerdings ohne Risiken einzugehen, auf Gewinn spielte. Riskiert hätte er sowieso nichts. Hätte Negi gewonnen und damit gleichgezogen, wären ziemlich sicher beide nächstes Jahr im B-Turnier dabei.

  2. Falko Meyer am 29. Januar 2008, 18:08

    Hmpf, Jungs, entweder Ihr sprecht über verschiedene Partien oder Stellungen, oder einer analysiert wirklich ohne Computer.
    Jedenfalls, und ganz ohne Computer, würde ich in dem obigen nach 37. Te2 entstandenen Diagramm auf 37. … Te7 38. Txe7 nicht mit Sf2+ fortsetzen, sondern die Stellung als Schachaufgabe auf Schwatt und Weiss stellen 😉

  3. StefanLöffler am 29. Januar 2008, 20:21

    So einen matten Kommentar hab ich hoffentlich noch nie abgegeben. Ganz grosses Schach eben!

  4. schachdet am 30. Januar 2008, 11:07

    Falko hat recht,
    nach 38. Te7: entsteht eine Stellung für „Bobby Fischer lehrt Schach!“

    Watt würd´ der dazu sagen? Aber ich denke Stefan hat es schon eingesehen. (Würde gerne mal in die Computeranalyse Einblick erhalten…)

  5. Georgios Souleidis am 30. Januar 2008, 11:12

    Was die Analysen auf dieser Seite bestrifft, so gebe ich offen zu, eine Engine zu benutzen. Für alles andere hätte ich gar keine Zeit. Und ich veröffentlich natürlich alles, was die Engine mit meiner Hilfe erarbeitet. Da gibts also keine Geheimnisse.

  6. Hamburgs langweiligster Schachspieler am 30. Januar 2008, 23:16

    Ich gewinne im Zweifelsfall auch lieber die Dame als mattzusetzen, denn mattsetzen kann man ja immer noch (ok, hier wohl nicht) 🙂

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