Lipinsky,Fabian (2357) – Dinstuhl,Volkmar Dr (2426) [A70]
BL 0607 SK König-Tegel-SV Wattenscheid (13.8), 18.03.2007

[Georgios Souleidis]

Am Sonntag trafen in der Schachbundesliga im Kampf SK König-Tegel gegen SV Wattenscheid die internationalen Meister Fabian Lipinsky und Dr. Volkmar Dinstuhl am 8.Brett aufeinander. IM Lipinsky, der für den neutralen Beobachter überraschend spät in der Saison zum Einsatz kam, wählte eine sehr riskante Variante, wurde aber nicht belohnt. Dr. Dinstuhl, der wegen einer beruflichen Verpflichtung in den USA ein Jahr mit dem Schach pausiert hatte, scheint nichts verlernt zu haben und konterte seinen Gegner gnadenlos aus.

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 c5 4.d5 exd5 5.cxd5 d6 6.Sc3 g6 7.e4 a6 8.a4?! Laut Fritz Powerbooks der am häufigsten gespielte Zug, welcher mit einer Quote von 40% und einer Performance von 2355 allerdings eine miserable Ausbeute erzielt hat. [8.Lf4 und 8.h3 sind wohl die besseren Optionen.] 8…Lg4! Kämpft direkt um das Feld e5. Der Zug hat bis dato mit 60% hervorragend gepunktet. 9.Db3?!

Diagramm 1

Die Dame begibt sich auf eine Reise ohne Wiederkehr. [9.Le2 Lxf3 10.Lxf3 Sbd7 11.0-0 Lg7 etc. ist die logischere Option. Allerdings lassen auch hier die vorliegenden Ergebnisse keine Empfehlung für die weisse Spielweise zu.] 9…Lxf3 10.gxf3 [10.Dxb7 Sbd7! 11.gxf3 Lg7 ist Zugumstellung.] 10…Sbd7 11.Dxb7 Lg7 12.Dc6

Diagramm 2

12…0-0! Entwicklung! [12…Tb8?! 13.a5 0-0 14.Dxd6 Sh5 15.f4 Ld4 16.Le2± Mamedyarov,S (2646)-Papaioannou,I (2578)/Göteborg 2005] 13.Dxd6 Sh5 Natürlich! Der weissen Dame werden die Rückzugsfelder genommen. Ausserdem bahnt sich Schwarz den Weg frei für seine Dame nach h4. 14.f4 [14.Lh3 f5! 15.De6+ Kh8 16.d6 (16.Kf1 Se5 mit Angriff, Sisatto,O (2227)-Kosmo,S/Helsinki 2002) 16…Se5! 17.De7 Sd3+ 18.Kf1 Db8 mit starker Initiative (Kapengut)] 14…Te8 15.Lg2 [15.Le2 Ta7 16.a5 Dh4 17.Lxh5 Dxh5 18.Le3 Tc8 19.De7 Lf6 20.Dd6 Dh4 0-1 Papp,G (2362)-Hoffmann,M (2435)/Budapest 2003] 15…Ta7

Diagramm 3

16.a5? Das ist definitiv zu langsam und unnötig. [Mit 16.Dc6! ist die ganze Variante vielleicht noch zu retten.] 16…Dh4 Spätestens jetzt erkennt auch Fritz, dass der schwarze Entwicklungsvorsprung bedrohliche Ausmasse annimmt. 17.Se2?? Erstaunlich an der ganzen Variante und im Speziellen an diesem Zug ist, dass alles schon mal gespielt wurde.

Diagramm 4

[17.Sa4?! Tc8! 18.Sb6 Lf8 19.Sxc8 Lxd6 20.Sxa7 Sxf4 mit klarem Vorteil für Schwarz in Gavrikov,V (2365)-Lutikov,A (2430)/Minsk 1981;
17.Dc6 ist der einzige Zug an dieser Stelle doch nach 17…Sxf4 18.Lxf4 Dxf4 hat Schwarz mehr als ausreichende Kompensation.] 17…Tc8!-+ Die weisse Dame hat kein Feld mehr. Die Partie ist schon entschieden. 18.e5 Lf8 19.Db6 [19.Dc6 Txc6 20.dxc6 Sb8-+ Cordova,E (2429)-Smerdon,D (2460)/Turin 2006] 19…Sxb6 20.axb6 Tb7 21.Txa6 Dd8 22.d6 Txb6 23.Ta7 Lxd6! Die Bauern waren das einzig bedrohliche. Weg damit! 24.exd6 Txd6 25.0-0 Td1 26.Sc3 Txf1+ 27.Lxf1 Dh4 28.Lc4 Weiss gab gleichzeitig auf, denn nach 28…Sxf4 wäre jeder weitere Widerstand zwecklos gewesen. 0-1

Kommentare

Eine Antwort zu “Der Faktor Entwicklungsvorsprung (2)”

  1. Georgios Souleidis am 21. März 2007, 19:48

    Nach einem Gespräch mit Volkmar Dinstuhl hier noch einige interessante Fakten zur Partie:

    – Volkmar hatte am Morgen vor der Begegnung, also am frühen Morgen des Sonntags, entschieden, die Benoni-Verteidigung zu spielen
    – Dementsprechend war er gut vorbereitet und kannte die Variante bis 14.f4!
    – Fabian Lipinsky schien dagegen überrascht von der Wahl seines Gegners und überlegte schon bei 9.Db3?! etwas länger

    Der Ausgang der Partie kam unter diesen Gesichtspunkten nicht überraschend.

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