Schach und Ernährung

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Vor einigen Tagen führte ich ein langes Gespräch mit einem Freund, der sich in den letzten Jahren intensiv mit ernährungswissenschaftlichen Fragen befasst hat. Irgendwann kamen wir auf das Thema Schach zu sprechen und ich erzählte ihm, dass es keine gesicherten Erkenntnisse dar+ber gäbe, welche Ernährung während des Spiels effizient wäre.

Bis dato hatte ich mir kaum Gedanken darüber gemacht, welche Nahrung ich zu mir nehmen sollte während eines Turniers und insbesondere während der Partie. Der Eine schüttet einige Tassen Kaffe in sich rein, der Andere trinkt viel Wasser oder sonstige Getränke, viele essen Kuchen oder eine Art Obst. Gross essen tut natürlich keiner. Ich habe den Eindruck, dass jeder Spieler nach Gutdünken handelt, meine Person eingeschlossen.

Da das Gehirn das Hauptorgan ist, welches während einer Schachpartie beansprucht wird, muss dieses natürlich auch „gefüttert“ werden, mit Sauerstoff und Energie. Es ist dementsprechend kein Wunder, dass viele Spieler unter Konzentrationsmängel leiden, sobald zu wenig Sauerstoff im Raum vorhanden ist. Aber was versteht man unter Energie? Mein Kumpel meinte, dass das nichts anderes wäre als Glukose, die das Gehirn braucht, um auf Hochtouren zu arbeiten. Glukose (Blutzucker), umgangssprachlich bekannt als Traubenzucker, wird über die Nahrung aufgenommen (insbesondere kohlehydratreiche). Das Hormon Insulin regelt den Glukosehaushalt, aber das nur nebenbei. Dementsprechend macht es wohl Sinn, dass sich viele Spieler ein Stück Kuchen oder Obst (beinhaltet Fruchtzucker) während einer Partie gönnen. Diese Zuckerarten wandelt der Körper in Glukose um. Effizienter erscheint es aber, direkt Glukose aufzunehmen.

Eine interessante Frage für Schachspieler lautet, wie viel Glukose oder zuckerhaltige Nahrung man während einer Partie zu sich nehmen sollte, um den hohen Energiebedarf für das Gehirn konstant zu halten. Eine Partie dauert ja schliesslich mehrere Stunden, ganz zu schweigen von den Turnieren, in denen man Doppelrunden spielt. Ich, und das kennt wohl jeder unter uns, habe die Erfahrung gemacht, dass es spätestens ab der vierten Stunde sehr schwierig wird, sich auf die Partie zu konzentrieren.

Nach den Erläuterungen, die ähnlich vom meinem Kumpel vorgetragen wurden, kamen wir zu dem Ergebnis, dass ich es mal mit der regelmässigen Einnahme von Traubenzucker während der Partie probieren sollte. Da die Leistung des Gehirns während einer Schachpartie immens hoch und nicht vergleichbar mit einer alltäglichen Tätigkeit ist, muss wohl auch die Aufnahme an Energie viel höher liegen, als im Alltag.

Das heisst nichts Anderes, denn die Ergebnisse solcher Gespräche sollen in der Praxis auch Anwendung finden, dass ich in Böblingen über Weihnachten einige Packungen „Dextro Energy“ konsumieren werde. Kein Obst, kein Kuchen, nein nur Traubenzucker und das in rauhen Mengen, ich stelle mir ca. eine Packung (acht Stück) pro Partie vor. Kaffee höchstens zu Beginn, damit ist eh nur eine kurzfristige Wirkung erreichbar. Gross trinken tue ich nicht, denn zum Einen geht es hier wohl nur ums Wohlbefinden (Stichwort: trockener Mund) und zum Anderen muss ich ständig aufs Klo, das kann ich mir auch sparen. Zwischen den Partien muss wohl kohlehydratreiche Nahrung her, also Pasta, Kartoffeln usw. Ähnliches gilt für das Frühstück: Müsli, Marmelade, etwas Süsses wie Nutela usw.

Ich bin gespannt wie die Leser auf dieses Thema reagieren, denn ich liege wohl nicht falsch, wenn ich sage, dass darüber kaum diskutiert wird. Erfahrungsberichte sind natürlich erwünscht.

Andere Faktoren wie genügend Schlaf oder Alkoholkonsum möchte ich erstmal ausklammern. Was nutzt die effizienteste Ernährung, wenn man mit zwei Promille ans Brett torkelt?

Kommentare

12 Antworten zu “Schach und Ernährung”

  1. Michael Buscher am 23. Dezember 2008, 22:30

    Interessante Frage. Meine Antwort darauf ist einfach – während der Partie gar nicht essen. Ich habe auch keinen Hunger, während die Partie läuft, es sei denn, sie ist schon klar entschieden. Erst nach Abfall der Anspannung (kann nach der Entscheidung sein, kann aber auch erst deutlich nach Partieende sein) meldet sich der Magen wieder. (Ein Energiedefizit habe ich bisher nicht bemerkt, offenbar habe ich genug Reserven in den Glucose-Speichern.) Doppelrunden werden dann allerdings äusserst problematisch, daher spiele ich solche Turniere grundsätzlich nicht.

  2. Lars Böhle am 24. Dezember 2008, 08:28

    Also, mir als Wasserjunkie fällt es schwer zu glauben, dass es der Sache dienlich ist, während einer Partie wenig oder gar nichts zu trinken. Wie Deutschlands frühere Nr. 1 treffend formulierte, sollte man sich mit einer Flasche Wasser ans Brett setzen, „damit das Gehirn nicht austrocknet“. Wie auch immer: Viel Erfolg beim Selbstversuch in Böblingen 🙂

  3. Georgios Souleidis am 24. Dezember 2008, 10:10

    „…dass es der Sache dienlich ist, während einer Partie wenig oder gar nichts zu trinken.“
    Das habe ich doch gar nicht geschrieben.
    Ich trinke halt wenig während der Partie, weil ich sonst ständig auf Toilette muss. Trinken ist mit Sicherheit nicht schädlich, aber für das Gehirn nicht so wichtig. Viel Spass in Travemünde.

  4. Stefan am 25. Dezember 2008, 11:18

    Ich habs mal mit Gingko-Tabletten versucht, die sollen die Sauerstoff-Versorgung des Gehirns steigern. Hat auch insofern geholfen, dass ich mich während der Partie viel besser an die Lücken in meinem Eröffnungsrepertoire erinnert habe 😉

  5. Michael am 25. Dezember 2008, 14:41

    Hallo,
    macht die Einnahme von Traubenzucker nicht müde, wenn der Zucker verbrannt bzw. das Insulin noch in der Blutbahn ist?

  6. Georgios Souleidis am 25. Dezember 2008, 19:38

    @Michael: Offensichtlich eine Frage für Experten. Je mehr ich übrigens darüber in Erfahrung bringen möchte, desto verwirrender wird es.

  7. Bernard am 26. Dezember 2008, 21:31

    Ich glaube, dass durch regelmässig sportliche Betätigung (Bewegungssportart) mehr Sauerstoff durch den Organismus transportiert wird, als durch Nahrungseinnahme während der Partie. Ich spiele jeden Montag Fussball und merke das direkt in meiner Spielanlage.
    Ich stelle die Puppen nun erst nach 3 Stunden ein und nicht schon nach einer Stunde!

  8. schachdet am 27. Dezember 2008, 00:21

    Bei 2 Promille macht einem eine fehlende oder nicht gelungene Ernährung auch nichts mehr aus. frag mal K.

    Stimmt es übrigens, dass Kramnik nicht zum Schwimmen gekommen ist vor den Partien der letzten WM? Apropos, was macht eigentlich Anand?

    Trinken, vor allem regelmässig, ist schon wichtig, habe mal bei einem Lehrgang gehört, dass es zu spät ist, wenn man bereits Durst bekommt (sowohl körper- als auch gedankenkraftmässig). Allerdings spielt es sicher eine Rolle, ob die Partie nicht bereits hoffnungslos entschieden ist.

    Gibt es eigentlich auch im Normalbereich eine Über- und/oder Unterzuckerung? Und wann ist sie jeweils erreicht? Gibt es Erkennungsmerkmale für den Handlungsbedarf?

  9. Felix Meissner am 31. Dezember 2008, 19:23

    Die Dextro Energy Idee ist wirklich gut!
    Auch bei der DVM gab es während jeder Partie Dieses süsse Zeugs 😉
    Hat sich aber positiv auf das Ergebnis ausgewirkt(vielleicht nicht direkt aber schon das gute Gefühl etwas gutes zu sich zu nehmen war beruhigend).
    Sind Unmengen an Cola während einer Partie förderlich???
    Und noch eine aktuelle Frage: Gehört Dextro Energy bald zu den verbotenen Doping Substanzen? 😉

  10. Georgios Souleidis am 31. Dezember 2008, 20:55

    Hallo Felix,
    als ich Jugendlicher war, hat unser Chef in Bochum uns auch immer Traubenzucker gegeben. Der Mann wusste, was gut ist. Cola trinken während einer Schachpartie? Ich würde es in Massen geniessen, also vielleicht ein Glas pro Partie. Gibt kurzfristig Schub, da es neben dem vielen Zucker auch Koffein enthält. Der exzessive Konsum ist aber wohl schädlich, ausserdem macht es dick auf Dauer (ausser man verbraucht die zugeführte Energie, was aber kaum möglich ist, wenn man täglich dieses Zeug trinken würde). Einfach Wasser trinken für den Kreislauf und Traubenzucker als Energielieferant, ist aus meiner Sicht dagegen völlig bedenkenlos. Wenn schon „normalen“ Zucker, dann aus Obst oder ein Stück Kuchen.

  11. Peter B am 01. Januar 2009, 17:19

    Nun wie war der Selbstversuch im Böblinger Open? Hat es sich positiv oder negativ bemerkbar gemacht?

  12. Klaus-Dieter am 04. Januar 2009, 18:40

    Hallo Georgios,

    Als Diabetiker habe mich mit (Glukose)Stoffwechsel (incl. Ernährung) schon länger beschäftigt. Es bleibt jedoch die Tatsache, dass unser Hirn bevorzugt mit Energie versorgt wird – d. h. erst bei extrem niedrigen Blutzuckerpegeln wird die Funktion beeinträchtigt und es wird auch physiologisch verhindert, dass zu hohe Blutzuckerpegel das Hirn schädigen. Unser (gesunder) Körper sorgt also immer für eine gleichmässige Energieversorgung des Hirns. Aüssere Einflüsse sind weitgehend beseitigt.

    Durch z. B. Dextro oder sonstigem Traubenzucker wird – ebenso wie durch mehr Insulin – sicherlich keine zusätzliche Denkkraft erzeugt. Ohrstöpsel, Sauerstoff und / oder Meditation sind sicher effektiver um Konzentrationsdefizite zu beseitigen.

    Zum Schluss: Danke für deinen BLOG, den ich gerne und regelmässig verfolge.

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