Diese Gurke fällt unter die Rubrik „angetäuschte Damenopfer“. Schach ist eigentlich kein Spiel, bei dem man bluffen kann, doch wenn es einem gelingt, insbesondere unfreiwillig, den Gegner zu täuschen, dann entbehrt das nicht einer gewissen Komik. Der Leidtragende im folgenden Beispiel war Manfred Herbold, auch bekannt als der Schachtherapeut ((Der Schachtherapeut)). Auf seiner Webseite führt er eine ähnliche Rubrik wie meine, die grobe Patzer veröffentlicht und somit zur Linderung des Schmerzes beiträgt ((Hall of Shame)). Der Mann ist vom Fach.

Herbold,Manfred (2156) – Grafl,Pascal (1991)
Pardubice Open B (1), 18.07.2008

Stellung nach 16.f3:

16…Df4?? !!

Tja, da bin ich zuerst fast vom Stuhl gefallen und dann kam bei mir ein gewisser Respekt vor diesem Zug auf; und ein stummes Kompliment an meinen jungen Gegner, so einen Zug überhaupt in Erwägung zu ziehen. Dass ich bei Annahme des Damenopfers schnell Matt werde, war leicht zu sehen. 17.Lxf4 Lf2+ 18.Ke2 Td2#. Nach ca. 20 Minuten war ich froh, dass ich wenigstens eine leicht remisliche Variante gefunden hatte, die mich vor dem totalen Untergang noch rettete. Richtig war übrigens 16…Df6!! 17.fxe4 Dh4+ 18.Ke2 Dg4+ 19.Kf2 Df4+ 20.Ke2 Dg4+ mit Dauerschach.

17.Td1??

Nachdem ich diesen Zug gezogen hatte und mich vom Brett entfernte, kam ein mir unbekannter Jugendlicher auf mich zu und sagte ich hätte gerade gewinnen können. Ich wollte seine „Analysen“ während der laufenden Partie gar nicht hören, doch er sprudelte sofort heraus, dass ich die Dame hätte nehmen können, da 18…Td2 kein Matt wäre, denn der Lf4 darf ja auch zurück und den Turm schlagen. Der Jugendliche war meines Wissens Teilnehmer des D-Opens und hatte ca. 600 Punkte weniger als ich. 🙁 Nun fiel es mir wie Schuppen von den Haaren und ich ging mit gemischten Gefühlen zurück ans Brett. Mittlerweile grinste mich auch mein Gegner an, der mittlerweile auch dahinter kam, dass sein Jahrhundert-Damenopfer nicht hätte funktionieren dürfen. 17.Lxf4! Lf2+ 18.Ke2 Td2+ 19.Lxd2 War gar nicht sooo schwer zu sehen. 🙁

17…Lxe3 18.Txd8+ Kxd8 19.Dd3+ Kc7 20.Dxe4 Dxe4 21.fxe4 Lc1 22.a4 La3 23.b5

Schwarz steht hier etwas besser; vielleicht aber noch in der Remisbreite. Nun ja, da mir dies in der 1. Runde passierte, fing das Turnier ja „gut“ an. Wenigstens war ich gewarnt, die Opfer meiner Gegner doch näher unter die Lupe zu nehmen.

½-½

Einsendungen für diese Serie werden natürlich weiterhin gerne entgegengenommen.

Kommentare

7 Antworten zu “Die Gurke meiner Karriere (17)”

  1. Manfred Herbold am 29. August 2008, 12:24

    Ab sofort nehme ich Georgios als Supervisor! 😉

  2. TB am 29. August 2008, 14:52

    … und ich habe vor dem runterscrollen ewig überlegt, warum denn Td2 matt sein soll und warum der Läufer nicht schlagen kann ;-(

  3. wortwart am 29. August 2008, 19:11

    Es sah aber auch zu plausibel aus. Ich hab’s auch zuerst geglaubt …

  4. kaguvkov am 31. August 2008, 14:05

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  5. Hauke Reddmann am 01. September 2008, 17:08

    Faszinierend. Mein Instinkt sagte mir
    sofort, „Hack die Dame weg, seit wann
    ist Lf2 Matt?“ Dann lus ich weiter bis
    zu Td2# und suchte verzweifelt nach einer
    anständigen Verteidigung.
    Moral: Rechnen funzt eh nicht, vertraue
    lieber deinem Instinkt 🙂

    Hauke

  6. Adrian am 03. September 2008, 09:34

    @TB: Ich war aber auch ein paar Minuten am grübeln, weil ich das Matt ebenfalls nicht sah… nach dem Runterscrollen wurde dann aber alles klar 😀

  7. Picard1701 am 04. September 2008, 14:19

    Mein erster Gedanke war auch, nicht nehmen, denn sowas macht der nicht umsonst – als ca. 2.000er kann man vermeintlich 3 Zuege vorausrechnen… und dann sah ich auch ganz stolz das Turmmatt … und fragte mich was soll denn hier die Gurke sein soll … 😉

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