Jun
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Der starke internationale Meister Thomas Henrichs schickte mir für diese Serie eine Partie, die er mir schon in Oberhausen ((Turniersieg)) gezeigt hatte. Gleichzeitig hatte er mich darauf hingewiesen, dass sie genau in diese neueröffnete Rubrik passen würde. Abseits der gängigen Eröffnungstheorie konnte er, dank ausgefeilter Analysen, mit einem starken Abschlussmannöver einen starken Grossmeister besiegen. Die Partie ist wirklich überaus sehenswert.
Guliyev, Namig (2542) – Henrichs, Thomas (2482) [B80]
3ème Open Internationale Vandoeuvre les Nancy (8), 29.12.2006
[Thomas Henrichs]
Die folgende Partie wurde beim Weihnachtsopen 2006 im französischen Vandoeuvre les Nancy gespielt. Leider sind die Partien aus diesem Turnier nicht in die grosse Datenbank aufgenommen worden. Ich finde aber, dass diese Partie der Nachwelt erhalten bleiben sollte, speziell da die taktische Phase einige ungewöhnliche, keinesfalls alltägliche Motive zeigte.
1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Le3 e6 7.f3 b5 8.g4 Lb7 9.Dd2 Sbd7 10.g5 Sh5
Eine Spezialvariante meines Vereinskollegen Bernd Kohlweyer, die von der Theorie praktisch garnicht behandelt wird. Nachdem Bernd mich mit einigen seiner Analysen vertraut machte, nahm ich dieses Abspiel 2005 auch in mein eigenes Repertoire auf. 11.0-0-0 Tc8 12.Lh3 (RR 12.Ld3 Le7 13.Kb1 g6 14.a3 Se5 15.f4 Sc4 16.Lxc4 Txc4 17.The1 0-0 18.f5 Dc8 19.f6 Ld8 20.Sb3 Lc7 21.Dd3 Td8 22.Sd2 Tc6 23.Sa2 d5 24.Sb4 dxe4 25.Sxc6 exd3 26.Se7+ Kh8 27.Sxc8 dxc2+ 28.Kxc2 Txc8 29.Kb1 Lxh2 30.Tc1 Te8 31.Sb3 Le4+ 32.Ka1 Ld5 33.Sa5 h6 34.Sc6 Lg3 35.Ted1 hxg5 36.Lxg5 Kh7 37.Sb4 Lb3 38.Td7 e5 39.Sxa6 Lf4 40.Lxf4 exf4 41.Sc5 Sxf6 42.Td4 Ld5 43.Txf4 Kg7 44.Td1 Lc6 45.Tdf1 Te5 46.Txf6 Txc5 47.Txf7+ Kh6 48.Tc7 Kg5 49.b3 Tc2 50.Kb1 Tc3 51.Kb2 Tc5 52.Td1 1-0 Motylev,A (2642)-Hracek,Z (2613), Dresden 2007) 12…g6 13.Lg4 Se5!? 13…Sg7 ist der „solidere“ Zug. 14.Lxh5 gxh5 14…Sc4 15.Dd3 gxh5 15.f4
15…b4?! Die bessere Alternative 15…Sc4 16.Dd3 Dc7 mit unklarer Stellung bietet genügend Stoff für weitere Analysen. 16.Sce2? 16.Sd5! ist die Möglichkeit, die den Zug 15…b4 in Frage stellt. 16…exd5 (16…Sc4?! war die von mir während der Partie beabsichtigte Antwort. 17.Dxb4! Lxd5 (17…exd5 18.Dxb7 Sxe3 19.The1 Tc7 20.Dxa6 Sxd1 21.Db5+ Dd7 22.exd5+ Le7 23.Sc6 Txc6 24.dxc6 Dc7 25.Kxd1+-) 18.exd5 Sxe3 19.dxe6! hatte ich zwar gesehen, aber deutlich unterschätzt. 19…Sxd1? 20.Da4+ Ke7 21.Sf5+ Kxe6 22.Sd4++-) 17.fxe5 dxe5 18.exd5 Dxd5 (18…exd4?! ist zumindest sehr riskant. 19.Dxd4 Tg8 20.The1 Lc5 21.De5+ Kf8 22.Lf4 und Weiss hat gefährlichen Angriff.) 19.The1 Lc5 und Schwarz sollte sich behaupten können. 16…Lxe4! 17.fxe5 dxe5
18.Sg3?! Weiss verfolgt konsequent seine Angriffsidee, den Springer nach f6 zu bringen, wird jedoch unsanft von der Realität eingeholt. Verhältnismässig am besten war 18.The1 exd4 19.Sxd4 Dd5 20.Kb1 Le7 21.Lf4 0-0 22.De3 Lg6 und Schwarz steht klar besser. 18…Lxh1 19.Sxh5 19.Txh1 exd4 20.Lxd4 Le7 21.h4 0-0!-+ 19…Le4 Die korrekte Zugfolge war 19…exd4! 20.Sf6+ (20.Lxd4 Le7!) 20…Dxf6 21.gxf6 Le4!-+ und wir sind wieder in der Partie, jedoch ohne die zusätzliche weisse Möglichkeit im 20.Zug. 20.Sf6+?
Verpasst die Chance 20.Sxe6 Dxd2+ 21.Txd2 fxe6 22.Sf6+ Kf7 23.Sxe4 Kg6 mit klarem schwarzen Vorteil, aber Weiss kann noch etwas kämpfen. 20…Dxf6! 21.gxf6 Nach dem trickreichen Zug 21.Sc6!? muss Schwarz die einzige jedoch ausreichende Möglichkeit 21…De7! finden. Nach 22.Sxe7 Txc2+ 23.Dxc2 Lxc2 24.Kxc2 Lxe7 hat Schwarz ein klar besseres Endspiel. 21…exd4 22.c3 22.Lxd4 Lh6!-+; 22.Lf4 Tg8!-+
22…Txc3+! Dieser Zug war für meinen Gegner ein sichtbarer Schock. Der kibitzende Igor Glek konnte sich nach diesem Zug nicht zurückhalten, und war mit einem deutlich hörbaren „Ach so!!“ zu vernehmen. 23.bxc3 bxc3 So ein Sieg verschafft natürlich Befriedigung, und ich kann mich noch gut erinnern, dass der Adrenalinschub noch mindestens bis zum nächtsen Morgen ausreichte. Bis auf den kleinen Schönheitsfehler im 15.-16. Zug eine meiner besten jemals gespielten Partien. 0-1
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Kommentare
8 Antworten zu “Die Perle meiner Karriere (2)”
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Ist wirklich hübsch!
Txc3 ist wirklich sehr beeindruckend. Ist gut nachvollziehbar dass das ein grosser Moment gewesen sein muss.
@Thomas: Viele Grüsse von der SG Caissa Hamm 1981. Vielleicht erinnerst Du Dich ja noch. Schön mal auf diesem Wege eine Partie von Dir zu sehen 🙂
Gruss,
Björn Keirinn
Hallo Thomas,
eine wirklich tolle Partie. Besonders am Ende. Ein richtiger Hammer! Eine solche Partie zu spielen ist wie ein Akt mit einer schönen Frau. Ich weiss wovon ich spreche :-)) Allerdings schon lange her.
Gruss Franz
Sauber, der Kommentar des Jahres Franz!
Die Partie passt leider absolut nicht an diese Stelle, wobei der Vorwurf an Georgios gehen muss…
…..wer traut sich denn nach der Veröffentlichung von so einem Kunstwerk noch, etwas eigenes einzusenden?! 😉
Ich gehe jetzt von ähnlichen Partien träumen…
Thomas Partie ist wirklich ein kleines Kunstwerk und sie passt hervorragend in diese Rubrik. Jeder Spieler produziert relativ zu seiner Spielstärke natürlich seine eigene „Perle“ und dementsprechend veröffentliche ich, wie ich es in den beiden nächsten Folgen tun werde, auch Partien, die nicht solche Hammerzüge beinhalten. Also Sebastian, fühle dich nicht abgeschreckt und schick mir ruhig etwas ein.
22…Txc3!! Ich geh am Stock, so etwas muss man erstmal überhaupt in Betracht ziehen! Kein Wunder, dass Glek ein „Ach so!“ entfuhr.
Es ist wieder einmal so: Schwarz hat eigentlich nichts mehr (Läufer f8 und Turm h8 haben noch nicht mal gezogen!!!) und gibt mit 22… Txc3!! auch noch das Letzte! Gratulation an den Sportsfreund Henrichs zu diesem Geniestreich!