In der Schachszene wird sehr heiss über die Abspaltung vom Deutschen Schachbund diskutiert, die wohl im Laufe der Saison stattfinden wird. Sie ist auch bitter nötig. Nicht nur im Sinne einer besseren Strukturierung und Vermarktung, sondern auch um endlich mal einheitliche und allgemein bindende Spielbedingungen zu schaffen.

Digital bitte!
Es ist absolut indiskutabel auf so einem Niveau mit mechanischen Uhren – insbesondere weise ich auf das Modell Jerger hin – spielen zu müssen. Die Zeitnotphase gerät jedes Mal zu einem Vabanquespiel. Was dieses Problem betrifft, so sind sich alle Schachspieler ausnahmsweise mal einig. Es gab nicht wenige, die sich dieses Wochenende darüber beschwert haben.

Ruhe bitte!
Es ist absolut indiskutabel, wenn Zuschauer ihr Würstchen an der Theke, welche praktischerweise direkt im Turniersaal postiert war, so laut bestellen, dass man es bis ans hinterste Ende des Raumes mithört. Es ist auch absolut unannehmbar wenn bestimmte Verantwortliche eines Vereins sich ein schönes Plätzchen suchen und ununterbrochen quatschen während des Kampfes. Es ist echt albern, wenn man in solchen Fällen ständig mit schschsss-Lauten, um Ruhe bitten muss. Dem Lautstärkephänomen im Schach könnte man wahrlich Bücher widmen. Es ist auch sehr belustigend, dass genau die Spieler, die sich während der Partie über jede noch so kleine Ruhestörung mokieren, direkt nach Partieende lautstark am Brett anfangen zu analysieren.

Schiedsrichter bitte!
Es ist absolut indiskutabel, dass Schiedsrichter in solchen Fällen zu selten eingreifen. Mal ganz im Ernst, was verrichten Schiedsrichter beim Schach? Ausser in der Zeitnotphase die Züge zu notieren und alle Jubeljahre mal einen Streitfall zu lösen, haben sie einen ruhigen Job. Schiedsrichter sollten während des gesamten Kampfes „präsent“ sein. Dazu gehört auch, dass sie Störpotential entdecken und im Keime ersticken. Ihnen muss natürlich auch die Macht und Autorität verliehen werden, damit sie sich auch durchsetzen können. Egal ob gegenüber einem Zuschauer oder einem Grossmeister.

Plan bitte!
Dies sind nur einige Punkte, die deutlich machen, dass die Vereine bzw. die Verantwortlichen, die wirklich etwas bewegen wollen in der Schachbundesliga, zuerst einmal bei den Basics anfangen sollten. Es müsste ein Programm erstellt werden, welches in einem zumutbaren Masse die Spielbedingungen für alle Vereine in der Schachbundesliga diktiert. Natürlich kann nicht von jedem Verein erwartet werden, dass es seine Heimkämpfe auf, sagen wir mal, dem Niveau der Mülheimer ausrichtet, aber die oben skizzierten Probleme könnten in kleinen Schritten bewältigt werden.

Einheitliche Spielsätze, mehr Massnahmen um das Ruheproblem in den Griff zu kriegen und besser ausgebildete Schiedsrichter sind eigentlich so selbstverständliche Forderungen, dass es fast schon lächerlich ist, sie hier zu erwähnen.

Kommentare

9 Antworten zu “Eindrücke zum Bundesliga-Wochenende in Solingen”

  1. Lamprecht am 11. Dezember 2006, 12:24

    Als „Patzer“ aber langjähriger aufmerksamer Beobachter der Ligen kann ich den Eindrücken nur zustimmen. In anderen Bundesligen sind das Spielmaterial, die Spielkleidung, das Spielfeld und weitere Dinge genau geregelt. Was in der Schachszene abläuft ist derart dilletantisch, dass man sich schon fragt, wann wird es endlich wirklich professionell. In der freien Wirtschaft kennt man Verfahrens- oder Handlungsanweisungen. Warum sollte das für Spielörtlichkeiten etc. nicht möglich sein? Aber auch das Verhalten der Vereine ist für höchste Spielklassen indiskutabel. Bis hin zur höchsten Liga kommt es immer wieder vor, dass Manschaften nicht komplett antreten! Absolut lächerlich!!! In sämtlichen anderen Ligen ist es undenkbar, dass Mannschaften nicht komplett sind. Wenn taktisch gespielt wird, dann wird das Spiel nicht nach ein paar Pässen, sprich Zügen, abgebrochen, weil man sich auf unentschieden geeinigt hat. ( Ach ja, es gab ja mal Deutschland-Österreich ) Aber selbst dieses wurde nicht vorzeitig abgebrochen.
    Wenn professionell, dann bitteschön alle.

  2. chessvisitor am 11. Dezember 2006, 20:04

    Herr Souleidis hat so unglaublich recht. Insbesondere Wattenscheid, Solingen und Katernberg kann man, was die Funktionäre angeht, als regelrechte Proletenvereine abtun. Deren Verantwortliche scheinen den Wettkampftag als willkommene Gelegenheit zu sehen, mal ein leckeres Bierchen zu kippen und über alles mögliche -nur nicht über Schach- lauthals zu parlieren.

  3. Georgios Souleidis am 11. Dezember 2006, 20:59

    Obwohl der Kommentar von chessvisitor grenzwertig ist und anonym erfolgte und die angegebene E-Mail anscheinend erfunden ist, werde ich ihn nicht löschen. Vielleicht traut sich chessvisitor ja noch seinen wahren Namen zu nennen.

  4. Schachblätter » Blog Archive » Würstchen am 11. Dezember 2006, 21:34

    […] Entwicklungsvorsprung spricht mir aus der Seele. […]

  5. Bernd Schneider am 13. Dezember 2006, 10:26

    Hallo Georgios ,
    ich kann Dir nicht zu 100% Recht geben. Deine Eindrücke scheinen mir tatsächlich Deiner subjektiven Sichtweise geschuldet. Klar , Du musstest in direkter Nähe der Theke spielen und wurdest ( zumindest am Sonntag ) von Deinem Gegner schwer in die Zange genommen. Das ist nicht angenehm . Aber so schlecht sind die Bedingungen in Solingen nicht , ich erlebe z.B. in Belgien regelmässig richtig miese Zustände. Eine übertriebene Lautstärke konnte ich bei meinen Besuchen am BL- Wochenende nicht ausmachen. Bei jedem Open herscht mehr Lärm , fahre mal nach Wijk am Zee ….
    Die Funktionäre , über die sich hier massiv beschwert / gelästert wird ( chessvisitor ist ein ganz armer Wicht – denn er nennt seinen Namen nicht ), gehören zu den Personen , ohne die es die Bundesliga überhaupt nicht mehr geben würde !! Da macht es aus meiner Sicht auch wenig aus, dass mit mechanischen Uhren gespielt wird. Hat doch 100 Jahre gut funktioniert,oder ? Übrigens , was hattest Du an dem Material auszusetzen ? 95% der Schachspieler wären froh , an einem solch edlen Brett spielen zu dürfen ! Gruss Bernd

  6. Kai Reinecker, Preetz am 13. Dezember 2006, 11:19

    Das Einfordern professionellerer Bedingungen empfinde ich als übertrieben. Man kann auch vieles zu Tode regeln und in einem Korsett von Anweisungen ersticken.

    Mein Verein Preetz hat vor drei Jahren ein kleines Gastspiel in der 1. Liga gegeben. Als Dorfverein hatten wir weder das Geld noch die räumlichen Bedingungen, um Souleidis Wünsche allesamt zu erfüllen.

    Na und? Wo ist bitte schön das Problem?
    Das wir keinen grossen Sponsor haben?
    Dafür waren wir aber sportlich aufgestiegen und hatten damit das Recht, uns ein Jahr in der 1. Liga zu tummeln.

    Die Forderungen nach besseren „Spiel-Bedingungen“ empfinde ich insbesondere deshalb als unfair, da mit Schach aus Sicht eines teilnehmenden Bundesligavereines nicht ein Cent zu verdienen ist. Der Spass kostet nur Unsummen.

    Ganz im Gegensatz zum Fussball. Das ist natürlich jedem klar. Ich möchte es aber noch einmal erwähnen, weil Geld natürlich immer wieder die limitierende Grösse ist.

    Sprich ohne Sponsor keine 1. Bundesliga im Schach. Genau aus diesem Grunde sollte man bei teuren Vorgaben von Seiten eines Verbandes sehr aufpassen.

    Die anderen Kommentare von Souleidis zu störenden Zuschauern, Funktionären und Spielern kann jeder Schachspieler nur heftig nickend unterschreiben. Das Problem ist aber so alt wie das Spiel. Ferner haben Bundesligaschiedsrichter mit der Turnierordnung des DSB ein völlig ausreichendes Regelwerk zur Hand. Auch was Störungen durch Geräusche angeht.
    Manchmal fehlt den Schiedsrichtern vielleicht einfach nur die Durchsetzungsfähigkeit gegenüber so manchem berühmten Grossmeister.
    Das Regelwerk dafür ist aber längst da.

  7. Hans lLotzien am 13. Dezember 2006, 11:48

    Liebe Schachfreunde,
    es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher unterschiedlichen Sichtweise man einen Schach-
    wettkampf betrachten kann. Hier möchte ich be-
    sonders auf die Vorwürfe des Schachfreundes
    (unter 2.) eingehen. Ich finde es sehr unan-
    ständig und auch ungerecht, von den Ruhgebiets-
    vereinen als Polentenclubs zu sprechen.
    Als alter Wattenscheider finde ich gerade die
    Spielbedingungen in der Wattenscheider Aula sehr
    gut. Man hat dort viel Platz, gute Lichtverhält-
    nisse usw. Die Damen am Service sind sehr freundlich. Selbst wenn dort, ausserhalb des
    Spielsaales auch während der noch laufenden
    Wettkämpfe ein Bier getrunken wird, finde ich
    dies nicht weiter schlimm. Ich jedenfalls komme
    immer sehr gerne nach Wattenscheid. Auch in den
    anderen Ruhrgebietsclubs wird einiges geboten.
    Am Wochenende war ich in Remagen. Es wurde dort
    in der Rheinhalle gespielt. Der Boden (als Hallenboden für Sportveranstaltungen gedacht)
    machte bei jedem Schritt sehr laute Geräusche.
    Am liebsten wäre man an einer Stelle stehenge-
    blieben (was man natürlich nicht gemacht hat)
    um nicht zu stören. Die Spieler habe ich für
    Ihre Ruhe bewundert. Auch wenn mir eine Kritik
    und Wertung der Spielverhältnisse nicht zusteht,
    stand Remagen sehr deutlich im Schatten von
    meinen Wattenscheider Freunden.

  8. Wulf am 13. Dezember 2006, 17:06

    Hier ein paar direkte Fragen zu Souleidis Ausführungen .

    Digital bitte : Wenn ich dann höhre das Zeitnotspiel wird jedesmal zum VaBanque nur soviel. Habe am Wochenende einen BL-Kampf gesheen, wo eine digitale! Uhr nachweislich die flasche Zeit anzeigte. Bei einem Spieler einfach 10 Minuten zu wenig. Schon mal gesehen, wie ein Spieler dann in Probleme gerät? Er denk er hat noch zeit und dann plötzlich. Und keiner wusste wo und bei wem zu wenig Zeit angezeigt wurde. Könnte bei einer analogen Uhr nie passieren.
    Übrigens Zeitnot ist ein zeichen von Undisziplinertheit, viele Schachspieler sind stolz darauf, das sie in zeitnot noch immer alle Züge schaffen, statt sich zu fragen, warum sie immer in zeitnot kommen. Häufig ist Zeitnot nämlich auch ein Zeichen von fehlender Entschlusskraft.
    Und auch beim Spielmaterial muss man aufpassen. Was dem einen gefällt mag der andere gar nicht, ich habe zum Beispiel viele „edle“ Schachspiele gesehen, wo ich ungerne drauf spielen würde.

    Ruhe bitte:
    Klar Ruhe muss sein, aber übertreiben wir Schachspieler da nicht ein bischen? Ich schaue mir sehr gerne Snooker an, und dort muss auch sehr viel gerechnet und analysiert werden. Und auch dort gibt es öfters mal Geräsuche zwichendurch und dennoch lassen sich die Spieler nicht ablenken. Und gerade die Top-Profis kommen erstaunlicherweise mit Nebengeräuschen sehr gut klar. Klar einen Krawall möchte ich auch nicht haben, aber manche Schachspieler reagieren (meistens wenn sie schlechter stehen) schon bei den kleinsten Geräuschen panisch. Das sind übrigens genau die, die wenn sie fertig sind dann am Brett laut analysieren. Also bitte nicht immer übertreiben.
    Schiedsrichter bitte:
    Wir sollten froh sein, das wir soviele und recht gut ausgebildete Schiedsrichter haben. Also ehrlich, wer setzt sich für 30 Euro Tagegeld schon gerne den ganzen Tag hin und ist grundsätzlich der Buhmann, weil er entweder zu früh eingrteift oder zu spät, aber auf jeden Fall immer falsch. Die meisten Schiedsrichter machen eine gute Arbeit und scheuen sich auch nicht mal einen Grossmeister an den Haken zu nehmen.
    Plan bitte:
    Zumutbare Spielbedingungen gibt es, die sind in der TO gerade für die erste Bundesliga geregelt. Klar wäre es schön noch bessere Regelungen zu haben, die Sponsoren anziehen udn das ganze zu einem echten Event zu machen, der auch für die Medien interessant ist. Und die Bundesliga ist auf dem richtigen Weg. Aber solange die Spieler durch ihr Auftreten und ihre Kleidung manchmal eher das Gefühl geben auf einem Punkfest oder einer Obdachlosenveranstaltung denn einer Spitzensportveranstaltung zu sein, so lange sind solche Forderungen gerade aus den reihen der Spieler eigentlich völlig fehl am Platze. Ich als Sponsor würde jedenfalls ungerne Geld dafür geben, meine Spieler so gekleidet zu sehen. Welch positive Ausnahme ist da Bindlach-Aktionär, die zumindest mit einheitlichem hemd auftreten (sollten).

    Viele Grüsse

    Wulf

  9. Preud'hinho am 14. Dezember 2006, 22:26

    Ich habe auch letztes Jahr Bundesliga gespielt und sehe doch ganz andere Spielbedingungen als posititv (im vergleich zu Georgios) an:
    1) Ich hätte gerne einen angenehmen Lärmpegel! Wie soll man sich bei 6 Stunden Stille konzentrieren? Sport ist doch keine Friedhofsveranstaltung! Die Sensibelchen, die sich über jeden kleinen Ton aufregen, gehören hinter ihren Computer auf eine Internetmeisterschaft aber nicht in die freie Wildbahn!
    2) Garde und INSA Uhren sind genauso OK wie ein paar (aber nicht alle) Digitaluhren. Jerger-Uhren sind aber tatsächlich eine Zumutung.
    3) Ich will Tageslicht-Fenster und keine fensterlosen Messehalle-Räume wie in Essen.
    4) Ich will keine professionelle Liga. Ich will mich als Amateur dort genauso wohl fühlen wie ein Profi, Spass haben, eine gute Partie in vornehmer Atmosphäre spielen. Wenn es geht, 7 Stunden und keine Blitzpartien.

    Beste Grüsse
    Preud’hinho

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