Mal Klartext

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Wie ein Schlag trifft es wohl die Schachbundesliga, dass der TSV Bindlach Aktionär seine Premiummannschaft aus dem Oberhaus abzieht. Von jetzt auf gleich dreht der Sponsor seinen Geldhahn zu und wieder einmal ist die Rede von einer Pleiteliga. Ein Aussenstehender müsste denken, dass Ligen und Vereine mit Dilettanten ja gerade zu übersät sind. Es vergeht kaum ein Jahr, in dem ein Bundesligaverein nicht in die Knie gezwungen wird. Was ist da eigentlich los?

In der Presseerklärung heisst es seitens des Herausgebers des Börsenmagazins „Der Aktionär“:

Die 1. Schachbundesliga ist noch nicht optimal strukturiert. Obwohl sie die stärkste Liga der Welt ist, ist Schach in Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt als Plattform für Marketingpartner wenig attraktiv.

Wenn ich so was lese, brennt bei mir eine Sicherung durch. Herr Förtsch ist ein starker Schachspieler und er beschäftigt sich beruflich mit einer Thematik, die in erster Linie analytische Kenntnisse voraussetzt. Demnach wusste er bereits am Anfang seines Sponsorings, dass das ROI in dieser Branche nicht messbar sein wird und der Break-even Point -“ wenn überhaupt -“ erst nach Jahren zu erreichen wäre.

Als wäre das nicht genug, ist er ja selber Schachspieler und kennt die Klientel des königlichen Spiels. In unserem Genre gibt es keine Boxenluder, keine RTL interactive GmbH oder Botox-Opfer, die sich mit einem 20 Euroschein eine Cohiba anzünden.

Ich hatte bereits in unserem Bundesligabuch (Seite 8; dritter Abschnitt) des letzten Jahres darauf hingewiesen, dass diese Partnerschaft unmöglich ernsthaft auf wirtschaftliche Aspekte aufgebaut worden sein kann. Die Liebe zum Spiel wäre das einzige glaubhafte Motiv gewesen.

Aber wir werden eines besseren belehrt. Die Bundesliga ist zurzeit kein attraktiver Marketingpartner heisst es da lapidar. Für mich ist es nicht mehr als eine billige Ausrede und der Versuch die Leser für dumm zu verkaufen.

Trotz des Rückzuges wird nun die Jugendarbeit monetär unterstützt. Man ändert die Prioritäten, so heisst es in der Presseerklärung. Na da wurde zum Schluss doch noch eine Win-Win Situation geschaffen. Der Mäzen beruhigt sein schlechtes Gewissen (oder vielleicht seine völlige Fehleinschätzung in Sachen Kampagnenmanagement) und der Vasall kniet nieder und nimmt jede Almose, die zu Boden fällt.

Lächerlich!

Bernard Verfürden

Kommentare

7 Antworten zu “Mal Klartext”

  1. schachdet am 26. April 2008, 19:31

    Break-even-Point hin oder her, wer weiss schon wo die Mittel des Aktionärs in Wirklichkeit verloren gegangen sind, bekanntlich sind schon grosse Banken ins trudeln geraten. Dennoch, ich verstehe die Vereine, die sich, auch gegen besseres Wissen, darauf einlassen mit nur einem Sponsor und sei es eben auch für eine begrenzte Zeit (übrigens ist meist sowieso nur die Dauer des Verbleibs die offene Frage), den Luxus Bundesliga gönnen.

    Nur die Art und Weise, wie dieser Rückzug seitens des Sponsors abgewickelt wurde, lässt doch wohl auf seiner Seite die Professionalität deutlich vermissen.

    Dass Godesberg z. B. auf sein Recht in der Bundesliga zu verbleiben verzichtet, spricht doch auch gewisse Dinge aus, die die Zuschauer, wie ich, nicht wirklich durchblicken können. Und das wirft im Gesamtblick dann ein noch trüblicheres Bild auf die Eliteliga.

    Es gibt viele gut geführte Vereine in dieser Liga, somit bleibt zu hoffen, dass diese in ihr und uns allen die Liga selbst erhalten bleibt. Denn sonst ist die Sache vielleicht lächerlich, aber leider nicht zum Lachen.

  2. Jan Sprenger am 27. April 2008, 13:28

    Mein Vorredner schreibt: „Dass Godesberg z. B. auf sein Recht in der Bundesliga zu verbleiben verzichtet, spricht doch auch gewisse Dinge aus, die die Zuschauer, wie ich, nicht wirklich durchblicken können.“

    Vielleicht kann ich hier auch noch ein paar Dinge hinzufügen. Der GSK hatte immer grosse Probleme, das Budget für die erste Liga zu stemmen. Die Amateure in unserer Mannschaft haben ohne Honorar gespielt, und die ausländischen Profis haben aufgrund ihrer Freundschaft zum Verein oder einzelnen Spielern des Vereins grossteils Abstriche beim Gehalt gemacht. Dennoch war die aufzubringende Summe (Reise- und Übernachtungskosten, etc.) sehr hoch. Bernard hat ja beschrieben, dass es für Sponsoren sich (noch) nicht lohnt, unter rein finanziellen Gesichtspunkten in die Schach-Bundesliga einzusteigen; und dementsprechend waren auch alle unsere Versuche erfolglos. Das Budget wurde im Wesentlichen durch Spenden und Zuschüsse (Stadt Bonn, NRW) getragen.

    Der ganze Aufwand hätte sich aber mittelfristig nur dann gelohnt, wenn man dadurch einheimischen, motivierten Spielern die Chance gegeben hätte, in der Liga zu spielen. In dieser Hinsicht hatten wir nach dem letzten Abstieg mehrere Abgänge (Seel, Grafl, Langheinrich) zu vermelden. Unsere Versuche, vor der letzten Saison neue junge Spieler im Bereich 2350+ für den GSK zu gewinnen, waren erfolglos. Vielleicht wegen bestehender Vereinsbindungen, vielleicht weil Honorare letztlich ein besseres Argument sind als sportliche Herausforderungen. Dieses Jahr wäre es wahrscheinlich ähnlich gelaufen; und die verbleibenden Spieler unter 30 haben im Moment einfach andere Sachen im Kopf: Dennis Breder macht gerade sein Physik-Diplom, Alex Armbruster tritt eine Stelle an, ich befinde mich in der Endphase meiner Promotion und werde im Sommer nach Holland ziehen. Die anderen Spieler aus der Region (Jackelen, Dranov, Schmidt, Grimm) sind familiär oder beruflich eigentlich zu sehr eingespannt, um eine 15-Partien-Saison als Stammspieler zu stemmen (auch wenn sie dies 2007/08 aufgrund unserer Personalprobleme teilweise getan haben) .

    Unter diesen Umständen hat sich der Vorstand zu Recht gefragt, zu was der erhebliche finanzielle und organisatorische Aufwand gut sein soll. Für eine Profi-Mannschaft braucht man Sponsoren, und für eine Amateur-Mannschaft fehlen (Stamm-)Spieler.

  3. chessydo am 28. April 2008, 22:49

    Nun mal Klartext…
    DeepBernard alias Bernard Verfürden lebt – das (!) ist die gute Nachricht. Manch einer hatte ihn nach dem Untergang seiner Webseite „DeepChess“, wo ihm nacheinander alle Mitstreiter aus unterschiedlichen Gründen absprangen, schon abgeschrieben.
    Aus, von heute auf morgen. Dabei schrieb uns Bernard noch am 13.12.207 hier auf dem Blog: “ Ich habe mich daher (nach dem Aus seiner Webseite – d.A.) entschieden zusammen mit Georgios auf seinem Blog -“ zwar nicht mehr mit der früheren Intensität – weiterzumachen.“ (Zitat ebenda). Leider, und ich habe mir die Mühe gemacht, den kompletten Blog „entwicklungsvorsprung.de“ bis zu eben diesem Datum durchzusuchen: kein Beitrag mehr, der mit DeepBernard oder Bernard Verfürden unterzeichnet war. Doch heute, ein Skandal liegt in der Luft, der Aktionär aus Bindlach verscherbelt die letzten zu Staub gewordenen Aktienanteile im Zuge der grossen Pleite – allerdings seit Tagen schon – DeepBernard is back. Bei seinem letzten Eintrag – an eben diesem 13.12.2007 hiess es noch: „Sehr viel Satire und Klamauk aber keine Skandalberichte.“ (Zitat entwicklungsvorsprung.de).
    „Wenn ich so was lese, brennt bei mir eine Sicherung durch.“ – Zitat Bernard Verfürden auf „entwicklungsvorsprung.de“ am 25.04.2008. Ich hoffe, dass ich dieses Zitat ohne Verletzung des Urheberrechts auch für mich in Anspruch nehmen darf, jedoch mit anderem Hintergrund.
    Wenn ich lese und höre, wie andere Vereine verunglimft werden – Jan Sprenger bestätigt nur das längst offiziell bekannte Stemant des Godesber Schachklubs – könnte bei mir auch was durchbrennen. Tut es aber nicht mehr, daher lieber Bernard Verfürden – suche Dir als Publikationsmedium zukünftig die „Bild“ (eingetragenes Warenzeichen des Springer-Verlages – d.A.) – nicht den sonst seriösen Blog von Georgios.

    Lieber Georgios,

    Bernard schrieb bei dem nunmehr bereits mehrfach zitierten Blogeintrag vom 13.12.2007: „Des Weiteren besitzen beide Autoren einen ähnlichen Humor, was für den Inhalt dieser Seite von Vorteil sein könnte.“ (Zitat ebenda). Das glaube ich nicht. Man kann nicht die „Bild“-Zeitung mit dem „Spiegel“ vergleichen.

    Mit freundlichen Grüssen
    chessydo

  4. Georgios Souleidis am 29. April 2008, 12:40

    @ chessydo: Kurz zu Bernard. Dass er sich nicht häufiger am Blog beteiligt, liegt einzig und allein daran, dass er beruflich und privat zu eingespannt ist.
    Zu Deinem Kommentar: Dieses Blog steht für freie Meinungsäusserung, dementsprechend dürfen die Redakteure hart aber bitte immer fair angegangen werden. Bei einem kontroversen Fall wie Bindlachs Rückzug sind gegensätzliche Meinungen vorprogrammiert und folglich sind Kommentare wie deiner völlig in Ordnung. Allerdings werde ich Bernard nicht ausschliessen aus diesem Blog. Er hat natürlich auch das Recht seine Meinung frei zu äussern, genau wie du und jeder andere Leser dieses Blogs.

  5. DeepDirt am 29. April 2008, 13:59

    @ chessydo: Ich kann diesen unsäglichen Vergleich mit der „Bild“-Zeitung nicht mehr lesen.

    DeepChess hat sich nicht nur Freunde in der Schachszene gemacht, das ist durchaus bekannt. Dennoch: Wer klar und hart seine Meinung äussert – wie in diesem Fall Bernard Verfürden – dem sollte dies auch zugestanden werden. Der unterschwellige Vorwurf eines „Bild“-Zeitungsniveaus ist aus meiner Sicht eher billiger Populismus als konstruktive Kritik.

  6. Schachblog rank zero am 01. Mai 2008, 14:22

    Lieber Bernard,

    wo ich heute endlich mal wieder Zeit habe, auf ein paar Schachseiten zu schauen, schiesst mir spontan ein Recherchevorschlag für Dich durch den Kopf, der eigentlich ganz gut zu Deinen Lieblingsthemen Bundesliga + kritische-unabhängige Berichterstattung passt:

    Wie steht es eigentlich um die redaktionelle Freiheit des Schachbundesliga-Redakteurs? Es dürfte ja den meisten in der Szene aufgefallen sein, dass beispielsweise Stefan Löfflers Berichte sehr viel anders gefärbt sind, seit er nicht mehr den Redakteursposten hat; ich bin ja auch ein gebranntes Kind, seit Mitte der letzten Saison die Bundesliga-Seite mysteriöserweise alle Verlinkung auf die Tegeler Berichte bei mir abgewürgt hat (tja, warum wohl – soviel zum Thema „Wir sind eine Familie“ bei der Bundesliga, einige Vereine sollen halt lieber nicht dazugehören) – und aktuell fällt es eben wieder einmal sehr unangenehm auf, dass bei einem heissen Thema wie dem Kampf SF Berlin-Kreuzberg II der Bericht Rainer Polzins, der praktisch sämtlichen anderen Augenzeugen widerspricht, kommentarlos sogar als redaktioneller Beitrag (nicht als News-Herausverlinkung!) auf schachbundesliga.de übernommen wurde, während beispielsweise die Kreuzberger Seite überhaupt nicht mehr zum Zuge kommt (zu lesen wäre dort etwa http://schachclubkreuzberg.de/kommentar.polzin.html ).

    Besonders peinlich, weil man ja um die Machtverhältnisse im Ligavorstand weiss. Wenn der Eindruck entsteht, dass die Berichterstattung der Bundesliga liebedienerisch in einem nach Gutsherrenart geführten Verein erfolgt – das scheint mir existentiell gefährlicher als die Schönfärbeversuche eines von Bord gehenden Kurzfrist-Sponsors.

  7. Georgios Souleidis am 01. Mai 2008, 15:17

    Eigentlich ist meine Arbeit für die Bundesliga nicht Gegenstand der Kommentierung auf diesem Blog, aber da ich in diesem Fall meine journalistische Sorgfaltspflicht verletzt habe…
    Einige relevante Links zum Kampf SF Berlin-SC Kreuzberg wurden nachträglich in dem Bundesligabeitrag eingefügt. Damit kann sich auch auf der BL-Seite jeder seine eigene Meinung bilden. Das zu meiner redaktionellen Freiheit. Als neutralem Beobachter, mir war es ziemlich egal wer aufsteigt, hatte ich die Tragweite der Ereignisse vor Ort etwas unterschätzt. Nächstes Mal fällt die Lektüre der Kommentare und Berichte auf den betreffenden Seiten wieder intensiver aus.

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