In meinem Bericht zur 8. Runde der Schachbundesliga gehe ich wie üblich chronologisch nach den vier Spielorten vor. Beginnen wir mit Essen.

Der Spitzenkampf – gemäß der aktuellen Tabelle – geriet zu einer einseitigen Angelegenheit. Der SV Mülheim Nord ließ dem Wiesbadener SV beim 6,5:1,5 keine Chance. An den ersten beiden Brettern konnte der Aufsteiger mit Khenkin und Kurnosov noch mithalten, wobei nicht viele Züge ausgeführt wurden, der Rest des Teams brach aber ein. Mit diesem Sieg zog das Team aus dem Westen an den Hessen in der Tabelle auf Platz 3 vorbei. Im zweiten Kampf besiegten die SF Katernberg den SV Griesheim mit 6:2 und sorgten nach der gestrigen Niederlage für einen versöhnlichen Abschluss vor heimischer Kulisse. Außerdem dürften sie sich damit den größten Teil ihrer Abstiegssorgen entledigt haben.

In Emsdetten bot der Kampf zwischen Eppingen und Bremen einige hochklassige Partien mit Spielern aus der Top100 der Weltrangliste. Ein mal mehr konnten die Norddeutschen aber ihre Elo-Überlegenheit an den vorderen Brettern nicht nutzen und verloren mit 2,5:5,5. Sehr sehenswert gewann Pentala Harikrishna an Brett zwei gegen Zahar Efimenko.

Harikrishna,Pentala (2688) – Efimenko,Zahar (2689)
SBL SC Eppingen – Werder Bremen 2012/13, 03.02.2013

Stellung nach 36…Td6:

harikrishna-efimenko

Die Grundreihe des Nachziehenden ist geschwächt. Weiß findet einen forcierten Gewinn. 37.Te8! Txb6 38.Txc8 Dxe1+ 39.Kg2 De7

harikrishna-efimenko1

40.De3! Die eigentliche Pointe. Nach klassischen Vorbildern wird die verteidigende Figur abgelenkt. 40…Txg6+ 40…Dd6 41.Dxb6+- 41.Lxg6 Df6 42.f5 1-0

Für den SK Turm Emsdetten hätte das Heimwochenende kaum besser laufen können. Nach dem 4:4 gegen Eppingen gelang den Münsterländern mit 4,5:3,5 gegen das ungefähr gleichstarke Team aus Hockenheim ein Sieg, mit dem sie praktisch den Klassenerhalt sicherten. Am Spitzenbrett gewann Anish Giri gegen Rainer Buhmann folgendermaßen:

Giri,Anish (2730) – Buhmann,Rainer (2584)
SBL 2012/13 SV Hockenheim – SK Turm Emsdetten, 03.02.2013

Stellung nach 16.Tae1:

giri-buhmann

Weiß hatte die Eröffnung ziemlich anspruchslos behandelt und dementsprechend befindet sich die Stellung im Gleichgewicht.16…Se4 Mit Schwarz gegen Giri hätte man auch das Endspiel nach 16…Txe1 17.Txe1 Dxg3 18.fxg3 Te8 anstreben können. Das sieht nicht besonders vielversprechend aus für Weiß. 17.Sxe4 dxe4 18.Lc4 Lc6 19.De3 Ta5?! 20.Td1 Df6

giri-buhmann1

21.b4! Tg5 21…Txb4 ist problematisch wegen der Grundreihenschwäche. 22.Dd2 Dd6 23.Df4! De7 24.Dxf7+! Dxf7 25.Td8+ Le8 26.Txe8#; 21…Ta4 22.a3 und der Turm ist eingesperrt. 22.Dxa7 Diesem Bauern lief Schwarz in der Folge hinterher. Er versuchte noch am Königsflügel Gegenspiel zu kreieren, das aber schon im Ansatz stecken blieb, 1-0 nach 39 Zügen.

In Berlin gewann die OSG Baden-Baden gegen den SC Forchheim mit 6,5:1,5. Soweit standesgemäß, doch an Brett drei kam es zu einer kleinen Sensation. Leon Mons besiegte Arkadij Naiditsch. Der junge Mann überraschte seinen prominenten Gegner mit dem Morra-Gambit und hatte von Beginn an viel Initiative. Der Sieg war absolut verdient. Damit fügte Mons der deutschen Nr. 1 die erste Niederlage in der Saison zu und liegt bislang voll auf Normkurs. Der zweite Kampf im Rathaus Schöneberg verlief deutlich spannender. Die SF Berlin hatten gegen die SG Trier über das gesamte Match betrachtet leichte Vorteile, doch es sollte nicht zu mehr als ein 4:4 reichen. Damit wird es langsam sehr eng für die Hauptstädter, da der Rückstand zum rettenden Ufer drei Punkte beträgt. Ich bin mir zwar sicher, dass Berlin noch einige Punkte holen wird bis zum Ende der Saison, aber das wird auch Hamburg und dass Bremen nochmal richtig in den Abstiegskampf gerät, kann ich mir einfach nicht vorstellen.

Vom Kampf Trier gegen Berlin habe ich die folgende Partie ausgewählt.

Howell,David (2634) – Kraemer,Martin (2520)
SBL 2012/13 SG Trier – SF Berlin, 03.02.2013

Stellung nach 32.Da7:

howell-kraemer

Zwar hat Weiß einen Bauern mehr, aber seine Dame ist auf a7 gestrandet und sein Königsflügel ist geschwächt. 32…f5 33.Te1? Danach ist der schwarze Angriff nicht zu stoppen. Mit 33.c6! musste der weißen Dame unbedingt der Rückzug geebnet werden. 33…Dxb4 (33…fxg4 34.De3!) 34.De3 Kh8 und die Stellung ist unklar. 33…fxg4 34.hxg4 Lf4 34…Dh4! 35.Sd6 Tf8-+ gewann sofort. 35.Db6 Dh4 36.Dxe6+ Kh8 37.Te2 Lh2+ 38.Kf1 Tf8 39.f3 39.Ke1 Lxe2 40.Dxe2 Txf2!-+ 39…Dg3 40.De4 Tf4 41.Dd5 Txb4

howell-kraemer1

0-1

Der Hamburger SK ist nach dem 4,5:3,5 gegen Wattenscheid praktisch gerettet. Das Restprogramm spricht dermaßen für die Hanseaten, dass zwölf Punkte am Ende der Saison absehbar sind und das sollte locker reichen. Obwohl die Bochumer am Sonntag, gespielt wurde in Solingen, nominell durchaus klar favorisiert waren, war das an den Brettern nicht zu merken. Fünf Partien endeten unentschieden, ohne dass die Remisbreite überschritten wurde. Auf Seiten der Wattenscheider punktete nur Sebastian Bogner gegen Rasmus Svane, während auf Hamburger Seite Lubomir Ftacnik und Sipke Ernst siegten. Die Partie des Holländers gegen Mateusz Bartel war bezeichnend für ihren Spielstil und nichts für schwache Nerven.

Ernst,Sipke (2554) – Bartel,Mateusz (2635)
SBL 2012/13 Hamburger SK – SV Wattenscheid, 03.02.2013

1.Sf3 d5 2.d4 e6 3.g3 b5 4.Lg2 Sf6 5.0-0 Sbd7 6.b3 La6 7.Sbd2 c5 8.c4 Tc8 9.Lb2 cxd4 10.cxd5 e5

ernst-bartel

11.Sxe5?! Eine erstaunliche Entscheidung. Weiß gefiel seine Stellung schon so schlecht, dass er dachte zu solchen zweifelhaften Mitteln greifen zu müssen?! 11…Sxe5 12.Lxd4 Sed7 Warum nicht 12…Ld6 mit der Idee kurz zu rochieren? Wegen 13.e4 und evtl. f4 und es ist nicht so einfach, sich etwas gegen den weißen Bauernsturm im Zentrum einfallen zu lassen. 13…De7! scheint aber stark zu sein. (13…0-0 14.f4 Seg4 15.e5 Lc5 16.Lxc5 Txc5 17.exf6 Se3 18.De2 Sxf1 19.fxg7 Te8 20.Se4 mit Kompensation.) 14.f4 Lc5 15.Lxc5 Dxc5+ 16.Kh1 Seg4 17.e5 Se3 18.Df3 Sxf1 19.Txf1 Dxd5! 20.Dxd5 Sxd5 21.Lxd5 Ke7 ergibt ein etwas besseres Endspiel für Schwarz. 13.e4 Lc5 14.Lb2 b4?!

ernst-bartel1

Lässt sich auf einen offenen Schlagabtausch hinreißen, genaus das, was Weiß wollte. 14…Lb7! nimmt mit einem weißen Bauern auf d5 den Vorstoß e5 aus dem Spiel. Weiß hätte sich enorm strecken müssen, um hier Kompensation nachzuweisen. 15.e5! Lxf1 15…Sxd5 16.Lxd5 Lxf1 17.Sxf1 0-0 hätte den König endlich in Sicherheit gebracht. 16.exf6 Lxg2 16…Sxf6 nebst Rochade war immer noch möglich. 17.fxg7 Tg8 18.Dh5 De7 18…Lxd5 19.Dxd5 De7 20.Kf1 Dd6 21.Te1+ Kd8 22.Dxf7 Txg7 23.Lxg7 Dxd2 und hier sieht Houdini Schwarz leicht in Vorteil. 19.Kxg2 h6?

ernst-bartel2

Ab hier läuft es auf einen weißen Sieg hinaus. Mit 19…Kd8 musste der König aus der Schusslinie. 20.Kf1! Die Idee ist offensichtlich. 20…Lxf2 20…Kd8 21.Te1 Dg5 22.Dxf7 Txg7 (22…Kc7 23.Le5+ Kb7 24.Dxd7+ Ka8 25.Sc4+-) 21.Sc4+- 21.Kxf2 Tc2 22.Te1 Txd2+ 23.Kf1 Dxe1+ 24.Kxe1 Txb2 25.Dxh6 sollte auch gewinnen. 21…Kd8 22.Kxf2 f6 23.d6 Dxg7 24.Te1 Dg5 25.Df7 Tc5 26.Kg1? 26.Te7+- 26…Td5? 26…Dd5 27.Lxf6+ Sxf6 28.Dxf6+ Kc8 29.Dxh6±

ernst-bartel3

27.Lxf6+ und Schwarz gab auf wegen 27…Dxf6 (27…Sxf6 28.Dc7#) 28.Dxg8+ Sf8 29.Dxd5 1-0

Der zweite Kampf geriet zu einem Spaziergang für den Gastgeber, denn Solingen gewann gegen Norderstedt mit 7,5:0.5. Damit steht dem kleinen Showdown um die deutsche Meisterschaft zwischen den Klingenstädtern und Baden-Baden nichts im Wege. Der Kampf findet in der 10. Runde, also am kommenden Bundesliga-Wochenende, statt. Sollte Baden-Baden dieses Match gewinnen, sind sie praktisch durch, bei jedem anderen Ergebnis ist noch alles drin.

Alle Partien dieses Bundesliga-Wochenendes kann man auf dem Liveportal nachspielen. Dort findet man auch die aktuelle Tabelle sowie Statistiken zu den Teams und Spielern. Alternativ lohnt sich auch immer ein Blick auf die Statistikseite des Godesberger SK oder ganz traditionell auf den Bundesliga-Ergebnisdienst des DSB.

Wie gewohnt wird es auf diesem Blog die Gurken des Wochenendes geben. Da ich den Beitrag schon vorbereitet habe, dürfte es schon morgen damit klappen.

Kommentare

4 Antworten zu “8. Runde der Schachbundesliga”

  1. Quillo am 04. Februar 2013, 01:23

    Tolle Partie von Harikrishna! Und natürlich wie auch immer ein spannender Rundenbericht.

  2. Schachclub Forchheim - Aktuelles am 04. Februar 2013, 01:32

    Bundesliga in Berlin – Mons besiegt Naijditsch…

    Das Bundesliga-Wochenende in Berlin brachte unserem Team zwei erwartete 1,5:6,5 Niederlagen gegen die SG Trier und den Deutschen Meister OSG Baden-Baden. Gegen Trier gelang FM Dr. Andreas Kräußling sein erster Bundesliga-Gewinn, während FM Alexande…

  3. PeterB am 04. Februar 2013, 13:01

    Vielen Dank für den Bericht!

    Deine Gurkenrubrik dürfte an diesem Wochenende überquellen. Man könnte aber auch eine Gegenaktion „Die schönsten Kombi“ o.ä. aufmachen, damit es nicht so einseitig wird 😉
    Im Chat wurde mehrfach eine Livekommentierung vgl. Österreich angeregt. Wäre sowas z.B. für die Schlussveranstaltung möglich?

  4. Tim (London) am 04. Februar 2013, 16:08

    Wie immer gut geschrieben (Herr Souliedis). Kurz u. bundig.

Einen Kommentar hinterlassen

You must be logged in to post a comment.