Wie immer präsentiere ich euch nach einem Bundesliga-Wochenende die gröbsten Patzer. Dieses Mal sind es nur sechs Beispiele. Irgendwie konnte ich mich bei manchen Fehlern nicht durchringen, sie als Gurken zu qualifizieren. Falls ihr mich an der einen oder anderen Stelle überzeugt, bin ich aber gerne bereit nachzulegen.

3. Runde Schachbundesliga:

Navara,David (2722) – Kopylov,Michael (2473)
SBL 2012/13 SK Norderstedt-SV Mülheim Nord, 10.11.2012

1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sd2 dxe4 4.Sxe4 Sd7 5.Sf3 Sgf6 6.Ld3 c5 7.0-0 Sxe4 8.Lxe4 Sf6 9.Lg5 cxd4 10.Sxd4 Le7 11.Lf3 0-0 12.Dd3 Dc7 13.De3 Td8 14.Tad1 Sd5 15.Lxd5 Lxg5 16.Dxg5 Txd5 17.Sb5!

navara-kopylov

Schwarz hatte die Eröffnung mißhandelt, könnte aber noch mit 17…Dd7! 18.Txd5 exd5 19.Td1 h6 20.Dxd5 Dxd5 21.Txd5 Le6 erstaunlich gut kämpfen. 17…Db6?? Das verliert auf der Stelle. 18.De7 Ld7 Es gibt nichts besseres. 19.Txd5 Lc6? 19…Lxb5 20.Td6+- 20.Sc7 1-0

Hausrath,Daniel (2484) – Kahlert,Thomas (2230)
SBL 2012/13 SV Mülheim Nord-SK Norderstedt, 10.11.2012

Stellung nach 34…f4:

hausrath-kahlert

35.Lxf4?? 35.gxf4 Sxf4 36.Lxf4 war die richtige Zugfolge, so geht einfach die Figur auf d6 verloren. 35…Sxf4 36.gxf4 Dg6+ 37.Dxg6+ Txg6+ 38.Kf1 Txd6 39.fxe5 Sd3! 0-1

Kotainy,Jens (2413) – Heinemann,Thies (2479)
SBL 2012/13 Hamburger SK-SF Katernberg, 10.11.2012

Stellung nach 54…Kh7:

kotainy-heinemann

Hier muss man schon genau hinschauen. 55.Txg5?? Die Konsequenzen kann man schon mal falsch berechnen. 55.Ta8! Karsten Müller hat das Endspiel in diesem Beitrag für die Website der Schachbundesliga analysiert. Dort kann man nachlesen, wie 55…Ta8! remis macht. 55…h3! 56.Th5+ Th6 57.Txh6+ Kxh6 58.g4 f4! Der h-Bauer läuft durch, da sich Weiß im Zugzwang befindet. 0-1

4. Runde Schachbundesliga:

Ftacnik,Lubomir (2547) – Feygin,Michael (2538)
SBL 2012/13 SV Mülheim Nord-Hamburger SK, 11.11.2012

Stellung nach 22…Dxd1:

ftacnik-feygin

23.Td2?? Das ist schon ein Fehler der übleren Sorte. Nach 23.Lxe5! hätte Weiß schöne Kompensation gehabt. 23…Dxb3 und die weiße Stellung fiel schnell auseinander. 24.Lxe5 Dxa2 25.Txa2 Se6 26.Scd6 b3! 27.Tb2 Lxf4 28.Lxf4 Sxf4+-+ und 0-1 nach 38 Zügen.

Polzin,Rainer (2465) – Banusz,Tamas (2580)
SBL 2012/13 SF Berlin-SV Hockenheim, 11.11.2012

Stellung nach 41…Ld5:

polzin-banusz

42.Le8?? Kurz nach dem 40. Zug hatte Weiß bestimmt keine Zeitnot. Das Beispiel zeigt, dass auch Stellungen mit wenig Figuren auf dem Brett nicht so einfach auszurechnen sind. Nach 42.Ld7! Lxf3 43.b5 g5 (43…Lb7 44.c6 La8 45.Lc8 Lxc6 46.bxc6=) 44.Lc8! muss Schwarz seinen Läufer geben, um den weißen Freibauern aufzuhalten. 44…g4 45.b6 cxb6 46.cxb6 h4 47.b7 g3+ 48.Kg1 Lxb7 49.Lxb7= 42…h4 43.Lxg6 43.Kg2 Lxf3+ 44.Kh3 g5 45.b5 g4+! 46.Kxh4 g3 47.Kh3 Ld5 48.Lh5 Lc4 49.b6 Lf1+-+ 43…Lxf3 44.Kg1 Kg3 45.Lf5 Lc6 und Weiß muss gleich seinen Läufer geben, wonach das Endspiel trivial gewonnen ist. 0-1

Khenkin,Igor (2655) – Bartel,Mateusz (2635)
SBL 2012/13 SV Wattenscheid-Wiesbadener SV, 11.11.2012

Stellung nach 86.Kf1:

khenkin-bartel

Theoretisch steht Schwarz auf Gewinn. 86…h4? Jetzt ist es remis. Eine richtige Gurke ist das eigentlich nicht, denn es gibt vielleicht keinen Spieler auf der Welt, der dieses Endspiel auf Anhieb korrekt eingeschätzt hätte. Es gibt mir aber die Möglichkeit auf einen Beitrag auf der Website des Wiesbadener SV hinzuweisen. Dort analysiert Felix Kayser das Endspiel. 87.Lc7 Tg3 88.Kf2 Tg2+ 89.Kf1 Tg3 Bartel versuchte noch knapp 40 Züge sein Glück, doch Khenkin hielt das Unentschieden fest.

Kommentare

6 Antworten zu “Die Gurken des Wochenendes (41)”

  1. Michael Buscher am 15. November 2012, 23:47

    Einspruch, Euer Ehren! Das Endspiel Turm und Randbauer gegen Läufer mit der (aus Sicht der Verteidigers) Felderfarbe, die nicht dem Umwandlungsfeld entspricht, ist ein bekanntes Muster. Sogar ich weiß, das es nur gewonnen ist, wenn der Bauer noch in der eigenen Hälfte steht und jeder GM, der die russische Schachschule absolviert hat, wird es wohl auch praktisch umsetzen können. Der Gewinnplan besteht nämlich darin, dass der T nach g4 muss und der K über h4 und g5 rausläuft, während der wK auf der f-Linie abgeschnitten bleibt. Ein Beispiel dafür ist Goldberg-Kasparjan, Sotschi 1951, zu finden in Földeaks „Turmendspiele in Schachpartien“ auf S.30. Der berühmte Studienkomponist hat die Partie gewonnen und damit bewiesen, dass er auch von praktischen Endspielen etwas verstand.

    Insofern ist das eine ziemliche Gurke, ein GM über 2600 kannte ein elementares Endspielmuster nicht. (Kann aber auch an der Bedenkzeit liegen, der Inkrementmodus ist sicher sauberer Endspieltechnik abträglich. Auf der anderen Seite ist keine Sache der Berechnung, sondern des Wissens.)

  2. Stefan am 16. November 2012, 00:00

    Eine Gurke ist in der Partie Zumsande-Gonda (3. Runde, Emsdetten-Trier) der Zug 25. … gxf6. Danach wird Schwarz zwingend Matt. Die Blechkiste schlägt stattdessen 25. … Dc6 vor und sieht keinen Gewinn für Weiß. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt bei Schwarz schon heftige Zeitnot im Spiel.

  3. Georgios Souleidis am 16. November 2012, 08:51

    @Michael: Danke für die Ausführungen. Ich lasse mich auf so eine Weise gerne korrigieren. Zudem habe ich Bartel zu der Position befragt und einen Artikel auf der Website der SBL veröffentlicht.
    @Stefan: Bei Gondas Fehler habe ich auch 1-2 Minuten nachgedacht, ob ich die Stellung für den Artikel verwende. Früher hätte ich ohne Zögern zugegriffen. Ich habe es verworfen wegen der Zeitnot und der unübersichtlichen Stellung. Vielleicht bin ich einfach nur zu nachsichtig geworden.

  4. Medienecho vom Schach Magazin 64 « sportinsider am 17. November 2012, 10:59

    […] Schachbundesliga ohne Handyvorfall ordnungsgemäß gelaufen. Wer in Ruhe im Nachklapp die größten Gurken des Schachwochenen des durcharbeiten will findet beim Entwicklungsvorsprung von Mister Schachbundesliga Georgios […]

  5. Matthias am 17. November 2012, 20:14

    Ich schließe mich Michael an. Das Endspiel ist u.a. in Fundamental (!) Chess Endings, Gambit Publications 2001 von Karsten Müller/Frank Lamprecht als Diagramm 7.31 zu finden. Kein Spieler der Welt wäre also tatsächlich etwas hochgegriffen.

  6. Schachexperte am 18. November 2012, 18:41

    Ich hatte (DWZ 2100) schon im Livechat bei der BL Übertragung auf den Gewinnweg hingewiesen, aber auch richtigerweise vorher gesagt, dass der Pole die Partie noch verzockt.

    Aus meiner Sicht gab es noch zahlreiche, weitere Patzer in den letzten zwei Runden, aber auch so ist der Artikel lesenswert.

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