Am vergangenen Wochenende fanden die 12. und 13. Runde der Schachbundesliga statt. Neben den vielen schönen Partien gab es wie immer die üblichen Einsteller. Anbei folgen zehn Beispiele. Mal mehr, mal weniger haarsträubend.

12. Runde Schachbundesliga:

Vladimir Chuchelov ist ein bekannter Trainer und Sekundant. Es mangelt ihm aber offensichtlich an Spielpraxis, was sich am Wochenende mit zwei Niederlagen bemerkbar machte. Gegen Ferenc Berkes ließen ihn die Instinkte im Stich.

Berkes,Ferenc (2678) – Chuchelov,Vladimir (2565)
SBL1011 Katernberg – SC Eppingen (12.1), 19.03.2011

Stellung nach 28.Kf3:

berkes-chuchelov

28…Txa2? Nach 28…Thg8 kann Weiß das Dauerschach nicht verhindern, falls er auf b7 nimmt, aber es gibt auch nichts besseres. 29.Tbxb7 T8g3+ 30.Ke4 Tg4+ 31.Kf5 Tg5+ 32.Kf6 Tg6+ 33.Kf5 T6g5+ mit Dauerschach. 29.Tfxb7 Td8 30.Ke4 Jetzt aktiviert Weiß auch den König, er droht über f5 nach e6 ins schwarze Lager einzudringen. 30…Ta6? Ein furchtbarer Zug, der die letzte aktive schwarze Figur auch passiv stellt. Einzig 30…Tg2 bot noch Rettungschancen. 31.T1b5!+- h5 32.Kf5 Tb6 33.Txa7 Tb8 34.Ke6 h4 35.Th7 h3 36.Txh3 Ta8 37.Th7 Ta6 38.Thb7 Te8+ 39.Kf7 1-0

Sebastian Siebrecht erwischte kein gutes Wochenende. Gegen Arik Braun stellte er unnötig die Partie ein.

Siebrecht,Sebastian (2421) – Braun,Arik (2538)
SBL1011 Katernberg – SC Eppingen (12.6), 19.03.2011

Stellung nach 27…Dc5:

siebrecht-braun

Weiß steht passiv, aber nicht auf Verlust. 28.Lg2? Das stellt einen Bauern ein und damit auch die Partie. 28.Kh2 28…Txg3!-+ 0-1 nach 44 Zügen.

Wenn wir schon von unnötigen Niederlagen sprechen, dann ist die folgende Partie ein noch besseres Beispiel.

Hector,Jonny (2592) – Baramidze,David (2542)
SBL1011 SK Turm Emsdetten – Hamburger SK (12.2), 19.03.2011

Stellung nach 22.Sxd5:

hector-baramidze

22…Df5?? Ein grober Rechenfehler. Anstatt die Figur mit leichtem Materialvorteil zurückzugewinnen, läuft es andersherum, sprich Weiß behält jetzt eine Figur mehr. 22…Da8! 23.Sce3 Lxe3 24.Lxe3 Lxd5 und Schwarz erhält die Figur mit Mehrbauer zurück. Ähnlich verläuft 22…Txd5 23.Txd5 Da8 24.Se3 Lxe3 25.Lxe3 Lxd5-+ 23.Sce3! De6 23…Lxe3 24.Se7+ Kh8 25.Txd8 Txd8 26.Sxf5 Lxf3 27.Lxe3+- 24.Lb2 Tfe8 25.f5 Dh6 26.Dg3 Kh8 27.Sg4 Dd6 28.Se5 Kg8 29.f6 1-0

Ilja Schneider scheint die Gurken anzuziehen. Hier ist er der Nutznießer.

Dinstuhl,Volkmar (2424) – Schneider,Ilja (2519)
SBL1011 SV Wattenscheid – SF Berlin (12.6), 19.03.2011

Stellung nach 37…Kg6:

dinstuhl-schneider

38.Txf2? Das leitet in ein verlorenes Bauernendspiel über. 38.Txf7 Sh3+ 39.Kf1 Sxg5 40.Txe7 ist remis. 38…Txf2 39.Kxf2 Kxg5 und der schwarze König ist hier einfach zu aktiv, bzw. die weißen Bauern schlecht postiert auf der fünften Reihe. 40.Kf3 Kf5 41.e4+ Ke5 42.Ke3 f6 43.Kd3 f5! 44.exf5 Kxd5 45.Ke3 Ke5 46.f6 exf6 47.Kf3 Kf5 48.Ke3 Kg4 49.Kf2 Kf4 0-1

Die folgende Partie beinhaltet eine ganz schwache Sequenz von Zügen. Wie so häufig verliert der Spieler, der den letzten Bock schießt.

Gonda,Laszlo (2550) – Meister,Peter (2446)
SBL1011 Bayern München – SG Trier (12.7), 19.03.2011

Stellung nach 23…Te3:

gonda-meister

24.Df1? Ganz schwach. Nach 24.Txe3! dxe3 25.Df1 Dxf1+ 26.Sxf1 hätte Weiß Materialvorteil behalten. 24…Dg4?? Die Dame sperrt sich wieder ein. Dabei war 24…Dxf1+ richtig gut für Schwarz. 25.Lxf1 Tae8! und plötzlich ist Weiß in die Defensive gedrängt. 25.Txe3 dxe3 26.Sf3+- gxf5 27.Sh4 Se4 28.Le2 Die Dame hat kein Feld. 28…Ld4 Ein letzter Versuch. 29.Dg2 Dxh4 Tja, es gbit nichts besseres. Auf 29…Dg7 folgt 30.Sxf5, wonach der Springer e4 verloren geht. 30.gxh4+ Kh8 Die Tricks reichen alle nicht aus. Weiß muss die Dame wiedergeben, behält aber eine Qualität mehr. 31.Te1 Tg8 32.Dxg8+ Kxg8 33.Kg2 a4 34.Ld3 Sd2 35.b3 axb3 36.axb3 Sxb3 37.Tb1 Sd2 38.Txb7 Se4 39.Kf3 Sd2+ 40.Ke2 1-0

13. Runde Schachbundesliga:

In dem folgenden Beispiel „glaubte“ Weiß vielleicht nicht mehr an seine Möglichkeiten.

Scholz,Christian (2387) – Naiditsch,Arkadij (2674)
SBL1011 OSG Baden-Baden – SF Katernberg (13.7), 20.03.2011

Stellung nach 30…Db3:

scholz-naiditsch

Weiß hat einen Bauern weniger, aber bei bestem Spiel scheint das remis zu werden. 31.Dg4?? Ein simpler Einsteller. 31.h5! Txc4 (31…Lxc4 32.hxg6! Lxd3 33.gxf7+ Kf8 34.Dg4‚) 32.Df3 Tc3 33.hxg6 fxg6 34.Df6 Tcxd3 35.Dxg6+=; 31.Kh2 ist aber auch OK, ohne komplizierte Varianten rechnen zu müssen. 31…Txd3 32.Txd3 Dxd3 33.Txa6 Txc4 34.f4 Tc1+ und der Turm a6 hängt. 0-1

Daniel Fridman haderte mit seinen Rechenfähigkeiten. Die folgende Niederlage zeigt warum.

Fridman,Daniel (2645) – Berkes,Ferenc (2678)
SBL1011 SC Eppingen – SV Mülheim-Nord (13.1), 20.03.2011

Stellung nach 26…Lxe1:

fridman-berkes

27.Dxe1? Das ist zwar kein offensichtlicher Einsteller, aber es ist einer. 27.Txe1= 27…Sxb2! Gewinnt einen Bauern und damit die Partie. 28.Dd2 Nach 28.Txb2 folgt 28…Sxd4! mit der Doppeldrohung 29…Sf3+ und 29…Txc1. Dieses Motiv folgt aber auch nach Partiefortsetzung. 28…Sc4 29.Lxc4 dxc4 30.Tb2?! 30.Txc4 e5 30…c3!-+ 31.Txc3 Sxd4!-+ 0-1 nach 45 Zügen.

Die folgende Partie war von besonderer Bedeutung. Es war die letzte, die noch lief am Sonntag, beim Stand von 4:3 für Hamburg.

Vitiugov,Nikita (2709) – Ghaem Maghami,Ehsan (2594)
SBL1011 Hamburger SK – SV Wattenscheid (13.1), 20.03.2011

Stellung nach 75.Kh4:

vitiugov-ghaem-maghami

75…Te2? Nach über sechs Stunden Spielzeit, lässt es Schwarz an Genauigkeit vermissen. Der Turm musste auf die Grundreihe, um den weißen König mit Schachs zu belästigen. 75…Ta2 76.Kxh3 Ta8 77.g5 (77.Kh4 Th8+ 78.Kg5 Tg8+ 79.Kh5 Th8+ 80.Kg6 Tg8+=) 77…Tg8 78.Kg4 Tf8!= 76.Kxh3 Ta2 77.Kh4 Ta8 78.Tf4!+- Jetzt deckt der weiße Turm den Bauern, wonach der weiße König nach vorne rennen kann. 1-0 nach 95 Zügen.

Es folgt die Gurke des Wochenendes.

Schneider,Ilja (2519) – Pruijssers,Roeland (2483)
SBL1011 SF Berlin – SK Turm Emsdetten (13.6), 20.03.2011

Stellung nach 21…Lxd5:

schneider-pruijssers

22.Db4?? Ohne Worte. 22…Txe1+ 23.Txe1 Txb4 24.Te8+ Df8 Vielleicht hatte Weiß übersehen, dass die Dame dazwischenzieht. 25.Txf8+ Kxf8 26.Sxc5 Ke7 Schwarz verbleibt mit einer Qualität mehr. 0-1

Das letzte Beispiel ist nicht ganz so dramatisch. So nebenbei fällt mir auf, dass die Emsdettener ganz schön viel von den Fehlern ihrer Gegner profitierten.

Thinius,Marco (2367) – Zumsande,Martin (2414)
SBL1011 SF Berlin – SK Turm Emsdetten (13.8), 20.03.2011

Stellung nach 37…Sg6:

thinius-zumsande

Weiß steht passiv aber nicht auf Verlust. 38.Sg3? Lässt die schwarzen Figuren eindringen. 38…De5+ 39.Kf2 39.Se4 f5-+ 39…De3+ 40.Kg2 Sf4+ 41.Kh2 Dxf3 42.g5 Kg6 0-1

Kommentare

Eine Antwort zu “Die Gurken des Wochenendes (31)”

  1. Hans Wurst am 26. März 2011, 16:27

    Wie immer wieder das Highlight eines Bundesliga-Wochenendes. Und wunderschön ist natürlich besonders das vorletzte Beispiel. Könnte ein Kandidat für den Schachoskar 2011 werden 🙂

    Drücken wir die Daumen für viele, tolle Schachkombinationen und ein spannendes Finale zwischen den Badenern und der „Fischkopf-„Fraktion aus Bremen 🙂

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