Großmeister Falko Bindrich ist 19 Jahre alt und stammt aus Zittau. Seine aktuelle Spielstärke liegt bei Elo 2507. Bei der in einigen Tagen beginnenden Schacholympiade in Khanty Mansyisk ((Offizielle Website Schacholympiade Khanty Mansyisk)) vertritt er die deutschen Farben. Nachdem das A-Team sich mit dem deutschen Schachbund bezüglich der Honorare nicht einigen konnte, wurde er nachberufen. Das Interview entstand während des LGA Cups in Nürnberg.

Georgios Souleidis: Falko, wann und wo hast du erfahren, dass du nach Sibirien darfst?

Bindrich: Das war Anfang Juli. Ich war in Orlando (Miami) im Urlaub und Uwe Bönsch rief mich gegen 6.00 Ortszeit an. Nachdem er mir erzählte, worum es ging, war ich hellwach.

Georgios Souleidis: Freust du dich in Khanty Mansyisk dabei zu sein?

Bindrich: Ja, total. Die Olympiade ist ein tolles Turnier und nicht zu vergleichen mit anderen Schachveranstaltungen.

Georgios Souleidis: Hattest du vor Bönschs Anruf den Streit zwischen dem A-Team und DSB mitbekommen?

Bindrich: Ich hatte erst einige Tage vorher auf Chessbase etwas gelesen, war also nicht besonders gut informiert. In der Zwischenzeit kenne ich alle veröffentlichten Briefe und Meinungen von beiden Seiten.

Georgios Souleidis: Was hältst du von der ganzen Sache?

Bindrich: Prinzipiell kann ich die Nationalspieler verstehen. Sie sind Profis und fordern mehr Honorar. Die Art und Weise wie das teilweise vorgetragen wurde, kann ich aber nicht nachvollziehen. Das hilft nicht weiter. Es stimmt ja auch nicht, dass es in den letzten Jahren für einige Spieler keine Unterstützung gegeben haben soll.

Klaus Deventer, Referent für Leistungssport im DSB, spricht in diesem Zusammenhang in der Zeitschrift Schach 9/2010 von 50.000 Euro für Arkadij Naiditsch und Georg Meier von 2006 bis nach der Olympiade in Dresden (G.S.)

Georgios Souleidis: Hast du Kontakt zu den anderen Nationalspielern?

Bindrich: Nein überhaupt nicht.

Georgios Souleidis: Was macht denn deine Karriere?

Bindrich: Bis Ende September bin ich Sportsoldat. Danach möchte ich ein Studium beginnen.

Georgios Souleidis: Was ist mit Schach als Beruf?

Bindrich: Nein, inzwischen ist meine Entscheidung gefallen. Das war lange unklar. Bis zum GM-Titel war ich sehr motiviert, doch danach war es schwierig, sich neue Ziele zu setzen. Schachprofi kommt für mich auch nicht in Frage, weil es sehr schwierig ist, sein Privatleben mit dem Profitum zu verbinden. Mir ist mein soziales Umfeld wichtig, aber durch das viele Reisen kann man schwierig Freundschaften pflegen. Im Prinzip steht meine Entscheidung seit einem Jahr. Ich werde mich jetzt auf mein Studium konzentrieren und viel weniger Schach spielen.

Georgios Souleidis: Was für ein Studium strebst du an?

Bindrich: Ich habe „International Management“ in Leipzig gewählt. Alternativ käme eine Uni in Baden-Würtemberg in Frage.

Georgios Souleidis: Da du planst weniger Schach zu spielen, werden wir dich wenigstens beim LGA Cup wiedersehen?

Bindrich: Also Bundesliga und hin und wieder ein Turnier werde ich noch spielen. Beim LGA Cup bin ich aber auch wegen der Atmosphäre und den anderen Jungs (dieses Jahr u.a. Arik Braun, David Baramidze, Tobias Hirneise) dabei. Das hat eine soziale Komponente. Nürnberg ist auch Tradition.

Falko, vielen Dank für das Gespräch.

Falko Bindrich

Falko Bindrich

Kommentare

2 Antworten zu “„Ich werde kein Profi“”

  1. Gerhard am 15. September 2010, 17:10

    Ob es dann noch Spaß macht, ohne viel Training die üblichen Wettkämpfe („Bundesliga und hin und wieder ein Turnier „) zu bestreiten? Ich bezweifle das.

  2. Franz Jittenmeier am 20. September 2010, 12:05

    Ein sehr vernünftiger Junge, der erkannt hat, dass es schwer ist als Schachprofi soviel Geld zu verdienen, dass man damit eine Familie ernähren kann.
    Wenn er als Schachprofi über 2600 Elo kommen würde, hätte er die gleichen Probleme bzgl. Schach-Olympiade wie Naiditsch un Co.

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