GM Roland Schmaltz ist mittlerweile 32 Jahre alt, alive and rockin und nach eigenen Angaben immer noch nicht vergeben. Die letzte aktuelle Elo-Zahl aus dem Jahr 2005 beträgt 2554 und hat sich seitdem auch nicht mehr verändert. Er war mal ´ne ziemlich grosse Nummer im Internet-Schach – alias Hawkeye – und hat über dieses Thema 2002 auch ein Buch mit dem Titel „The complete Chess Server guide“ geschrieben. Die Kritik überhäufte ihn zwar mit Lob, der erhoffte finanzielle Erfolg blieb aber aus.

GM Roland Schmaltz ist vierfacher Bullet-Weltmeister (1-Minuten-Blitz), lebt inzwischen in Brisbane (Australien) und hat sich mehr oder weniger vom Schach zurückgezogen.

Entwicklungsvorsprung gewährte er einen tieferen Einblick in sein jetziges Leben.

EV:
Roland, viele wissen, dass du inzwischen in Down Under lebst, aber die wenigsten kennen die Gründe. Erläutere uns doch mal die Umstände, die dazu führten, deiner Heimat den Rücken zu kehren?

Das ist eine lange langweilige Story, die irgendwas mit einer Ex-Freundin zu tun hat und auch nicht weiter von Interesse ist. Ich lebe in Brisbane, hat bestimmt kaum jemand schon mal gehört. Das einzige, was hier jemals das Interesse der Weltöffentlichkeit erregte, war die Expo 1988. Mittlerweile hat sich die Stadt aber zur drittgrössten Australiens entwickelt und boomt noch immer. Als ich herkam, habe ich erstmal Schach an den Schulen unterrichtet. Allerdings ist das ziemlich „hopeless“, wenn man die Kids hier die Klötzchen einstellen sieht. Keine Klasse voll Kinder, die nicht mal richtig mit König + Dame vs König Mattsetzen kann, braucht einen Grossmeister als Lehrer. Deshalb habe ich das Ganze nach ein paar nervenaufreibenden Stunden auch sein lassen.

Brisbane
EV:
Vermisst du Deutschland?

Etwas. Hier ist es schon ganz dufte, aber so ein paar Sachen vermisst man dann doch. Da wäre z.b. schnelles Autofahren (hier max. 110-¦gähn) und dass man 24h Bier an jeder Tanke kaufen kann.

EV:
In der globalen Schachszene bist du besser bekannt als „Hawkeye“, einer der besten Bulletspieler der Welt. Bist du eigentlich im ICC oder auf einem anderen Server noch aktiv?

Nein, hab genug gespielt in den letzten 17 Jahren. Ab und zu zieh ich mir noch die Schach-News rein oder lass mich von Fritz verprügeln. Aber das wars dann auch schon.

EV:
Du hast das Schachspiel mehr oder weniger an den Nagel gehängt, warum?

Vom Schach habe ich mich mittlerweile zurückgezogen wegen mangelnden Wettbewerbs und den daraus geringen Verdienstmöglichkeiten hier in Brisbane. Wie man sich vielleicht auch selber denken kann, sind die Australier nicht gerade die grössten Schachfans. Wenn man hier etwas werden will, muss man schon Football spielen oder tierisch gut surfen können. Allerdings spiele ich manchmal dann doch noch so zum Spass für meinen Club Bullwinkel. Dieser besteht eigentlich nur aus Amateuren und drei richtig netten, scharfen Mädels, die wissen wie die Figuren ziehen. Ein Beweisfoto kann ich hierzu leider nicht liefern. Deshalb nur dieses Bild von der letzten Runde der Brisbane-Club-Meisterschaft als Beweis, dass hier überhaupt Schach gespielt wird!

Chess in Brisbane

EV:
Dich hat wie viele andere Spieler aus der Schachszene der Pokervirus befallen. Beschreibe doch mal deine Erfahrungen, die Du damit gemacht hast.

In der Tat hat mich der Pokervirus befallen. Pokern boomt hier seit 2005 so richtig, nachdem Joe Hachem (ein Australier) die World Series of Poker gewonnen hatte. Seitdem denken viele, dass Sie das genauso gut können und versuchen sich hier im Casino. Da das Casino hier so das ziemlich einzige im Umkreis von 1000 Kilometern ist, welches 24h offen hat, nennt man die Stadt hier auch gerne BrisVegas. Mit Pokern werde ich hier auch erstmal weitermachen, um meinen sehr relaxten Aufenthalt zu finanzieren. Es erstaunt mich doch, wie man mit so wenig Aufwand eigentlich gutes Geld verdienen kann. Ganz anders als im Schach wo man jahrelang ackern muss, um wenigstens etwas Kohle zu schaufeln.

Casino
(Casino)

EV:
Australien ist jedem als wunderschönes Reiseziel bekannt, aber wie es sich dort lebt, weiss kaum jemand. Schildere uns doch mal deine Erfahrungen aus erster Hand, auch jene mit den Australiern selbst?

Dieses Land bietet in der Tat viele Reisemöglichkeiten. Zum einen kann man den „australischen Weg“ gehen und sich jedes Wochenende bei einem Barbecue (Grillsession) die Kante geben oder das Umland hier erforschen. Für Europäer gibt es hier unendliche Weiten zu entdecken. Es ist wirklich faszinierend wie man hier im Landesinneren durchs stundenlange Nichts fahren/ fliegen kann, ohne dass sich merklich etwas an der Wüstenlandschaft verändert. Richtig was zu sehen gibt es hier in Australien nur an der Ostküste. Vor allem die grösste Sandinsel der Welt, Fraser Island, ist mehr als nur einen Besuch wert. Auf der Insel geht es nur mit 4-Rad-Antrieb im Jeep voran. Strassen gibt es da nicht, nur ein paar freigeräumte Wege durch den Wald. So das ziemlich beste was man hier unternehmen kann. Natur, echtes Abenteuer pur und Party im Zeltlager. Sehr empfehlenswert!
Zu den Australiern muss man sagen, dass sie ein unheimlich nettes und aufgeschlossenes Volk sind. Die sind so nett, dass es manchmal schon nervt! Es gibt Tage, da wünscht man sich von einer mies gelaunten Aldi-Verkäuferin angeschnauzt zu werden, nur weil man fragt wo die Milch steht-¦ Aber alles in allem sind Australier sehr locker (muss am Wetter und den Mädels liegen) und ich habe hier auch schon eine Menge Freunde gefunden.

EV:
Du bist in den letzten Jahren viel gereist: Neuseeland, Thailand etc. Gibt es einen Ort, der dich besonders fasziniert hat?

Wenn man mal das Land verlassen will, gibt es nicht viel im näheren Umkreis ausser Neuseeland. Wer auf einsame Natur ohne Action steht, ist hier genau richtig. Für ein Party-Huhn wie mich allerdings zu öde. Die meisten Australier bevorzugen Bali als nächstentferntes Urlaubsziel (7,5 Stunden Flug). Mich zieht es aber eher nach Thailand (11 Stunden Flug, ja hier gibts nix einfach so um die Ecke) falls ich hier von dem ganzen Unfug mal zuviel habe und etwas Urlaub von dem ganzen Urlaub brauche. Schöne Strände, billig und lecker futtern und Party jeden Abend. Da lässt es sich aushalten!

Thailand
EV:
(Mal ne blöde Frage) Bist du schon mal einem Känguru oder einem Koala begegnet?

Es ist nur ein Gerücht, dass jeder Australier drei Kängurus und vier Koalas als Haustiere hält. Die meisten Kängurus sieht man hier eigentlich nur tot am Strassenrand liegen und sind in den meisten Gegenden hier eine gefährliche Plage für Autofahrer. Koalas haben natürlich alle zum Knuddeln gerne und hier in Brisbane gibt es auch ein sehr schönes Koala-Sanctuary (Gehege), wo man das stinke kleine Knuddelvieh auch auf den Arm nehmen darf.

Koala

EV:
Dein früherer Verein OSC Baden-Baden ist wieder Deutscher Meister geworden. Verfolgst Du eigentlich noch die Szene und möchtest Du vielleicht Deinen alten Kameraden auf diesem Wege gratulieren?

Ja, ab und zu schaue ich mir die Ergebnisse an. Herzlichen Glückwunsch zum Deutschen Meistertitel 2007 -¦ ohne mich als Handicap ist es halt doch einfacher!

EV:
Zum Schluss ein kleiner Ausblick: Wie sind Deine Pläne für die Zukunft bzw. können wir wieder mit deiner Rückkehr rechnen? Oder sehen wir dich bald am final table der WSOP?

Bleiben werde ich wahrscheinlich noch weitere 2 Jahre, bis mein Visum ausläuft und was danach kommt, ist offen. WSOP wäre cool, aber ein Haus in Thailand würde erstmal reichen. Wenn nicht, geht es vielleicht zurück nach Deutschland.
So, das war es auch schon aus „Da Unten“.
Grüssen möchte ich alle, die mich noch kennen und vermissen (wohl kaum jemand) und die Leute von meinem früheren Schachklub Baden-Oos.

No worries
Roland Schmaltz
No worries

Kommentare

7 Antworten zu “Interview mit Roland Schmaltz”

  1. Blitzkrieg am 23. April 2007, 04:55

    Moin Roland, nettes Interview, habe nichts anderes erwartet, locker, flockig durchs Leben 😉

    bevor sich hier garkeiner meldet der Dich vermisst,
    erbarme ich mich und teile Dir mit, dass ich die DooM-Abende mit Dir und dem Kneuper vermisse. Ausserdem, vermisse ich Deine … na lassen wir das besser 😉

    ne, mal im Ernst , dank icq bleiben wir ja auch weiterhin in Kontakt und Du versorgst mich regelmässig mit Bildern von netten Strandbabes 😀

    mfg 😉

  2. yurokewl am 24. April 2007, 00:22

    Hey Roland…. *smile*

    ….an mich erinnerst Du Dich bestimmt noch 😀

    Dein Buch war O.K., aber die Bindung war der letzte Müll hehehehe

    Schreib doch mal ein Pokerbuch :-*

    yk

  3. Maulwurf am 16. Januar 2008, 12:35

    Hallo Roland,

    ist nett mal wieder von dir was zu „sehen“ bzw. im übertragenden Sinne zu „hören“. War echt beeindruckt als ich zufällig deinen Namen in wikipedia sehen konnte. Ich wünsche dir eine verdammt gute Zeit, geniess das Leben (es geht viel zu schnell an uns vorbei) und grüss mir die Mädels da unten !

    So long, Ghulis
    .. damm im looking good 🙂

  4. Peter am 08. April 2008, 10:26

    Klasse Roland du bist ein Weltenbummler geworden, ich spiele auch kaum noch Schach, ohne dich ging auf Chessbase alles den Bach runter der einzige den das da noch interessiert ist wohl magic lieske, aber der scheint ja sowieso in dem Server zu wohnen :D..ich war dort als lichtdesdunkeln und THX_FOR_THE_GAMe der Albtraum der Angebotsleiste löl, was es mir brachte ein paar Flirteinlagen mit Susan Polgar während sie ihre Gegner spielte…achja und zwei mal MigGreencard bezwungen zwar ungewertet aber sein no thanks nach einem trickreichen Gewinn war mir genugtuung ich dachte der verhaut hier die schwachen da muss man den auch mal eine verpassen und das mit einfachem abweichen von grundsätzlicher Theorie , Bobby Fischer ist auch im Jenseits, also brauch ich auf sein Erscheinen auf diesem Server auch nicht mehr zu hoffen,..

  5. stoney am 24. Juni 2008, 10:33

    Hallo Roland,

    Wir kennen uns noch -nicht zuletzt- von der Mannheim Stadtmeisterschaft anno 1993, als Du mich(als Schwarzen) das Fürchten gelehrt hast. Habe mich seither von der Verteidigung CARO-KANN verabschiedet.- Wollte ursprünglich von Mannheim möglichst weg weit weg nach Übersee auswandern (natürlich Australien…) :-), hab´s aber nur bis Heidelberg geschafft, wo ich ab 1.8.08 offiziell „mein Zelt“ aufschlagen werde. Zwar spiele ich jetzt nicht mehr für Chaos(im üblichen Sinne),bedingt durch genannten Wegzug aus Mannheim, meine E-Mail-Adresse ist aber immer noch die gleiche geblieben :-* Hoffe, Dir geht´s soweit gut, und vielleicht bin ich am 9.August beim Schnellschach in der Walzmühle dabei (und wenn auch „nur“ als Kiebitz, HaJo macht bestimmt auch wieder mit), Du kennst ja die platonische Weisheit , „Alte Liebe rostet nicht“. Bis irgenwann..P.S.: Übrigens klasse Website

    CU

    stoney

  6. Georgios Souleidis am 24. Juni 2008, 10:43

    Erstaunlich, dass nach einem Jahr noch Kommentare zu diesem Interview abgegeben werden. Ich befürchte nur, dass Roland sie nicht lesen wird.

    So erstaunlich ist es aber wiederum nicht, wie ich gerade feststellte, denn unter dem Suchbegriff Roland Schmaltz findet man unter Google dieses Interview an eins. Interessant wie schnell Blogbeiträge nach oben wandern.

  7. Ziga am 07. Dezember 2011, 16:47

    Bin ein Amateur Schachspieler aus Croatien und bin täglich am ICC online. Ehrlich vermisse ich sehr den Hawkeye mit seinen brillanten Pircverteidigung Varianten. Ich denke dass Bulletchess ist ein Beweiss für eine unendliche Kreativität des Menschen in einem ganz kurzem Zeitabschnitt. Es ist so aufregend zu sehen wenn alles verloren scheint doch ein Weg gefunden wird nicht
    nur sich zu retten sondern auch intelligent zu poäntieren.
    Ich habe noch immer die letzten 20 Partien die Hawkeye am ICC gespielt hat , die ICC noch Gott sei dank nicht geloescht hat und versuche daran was zu lernen /bin kein Talent. So vielleicht wird man doch mal wieder den Hawkeye am ICC sehen können und das wird vielleicht doch ein richtiges Chessfestival.

    Liebe Grüsse und viel Erfolg im Leben vom
    Ziga aus Kroatien

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