Vollbracht

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Noch-IM Sebastian Siebrecht aus Essen hat es geschafft! Nach einer „kleinen“ Durststrecke erkämpfte er sich in Bratto ((http://www.scaccobratto.com/2007.shtml)) seine 3. GM-Norm und da er zwischenzeitlich schon über 2500 Elo-Punkte hatte, wird er bei der nächsten Gelegenheit zum Grossmeister ernannt. In Italien spielte er gegen seine üblichen Gewohnheiten überaus solide, 4 Siege standen am Ende 5 Remis (alle gegen Grossmeister) gegenüber. Damit landete er am Ende als bester Deutscher auf einem guten 6. Platz ((http://www.scaccobratto.com/cgi-bin/turni2_2007.cgi?&numero=11968&tipo=2)).
Eine besondere Pointe seines hart erkämpften Erfolgs ist die Tatsache, dass er als erster Essener zum Grossmeister ernannt wird.

Herzlichen Glückwunsch von dieser Stelle!

Siebrecht
(Hier noch vor 2 Wochen beim Ordix-Open)

Der titel- und vereinslose Dr. Friedemann Brock (ELO 2236/DWZ 2032) gewann am Wochenende mit einer Eloperformance von 2771 das Open von Apolda ((http://www.schachopen-apolda.de/cgi-bin/schach/open.cgi?id=3)). An 18 gesetzt ((http://www.schachopen-apolda.de/cgi-bin/schach/open.cgi?id=5)), liess er knapp 10 Titelträger hinter sich und gewann souverän mit 6,5 aus 7. Was wie ein sensationeller Coup aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als „Fehler“ im Auslosungsmodus, denn Brock spielte gerade mal in der letzten Runde gegen einen nominell leicht stärkeren Gegner, den an 15 gesetzten Paul Zwahr (Elo 2250/DWZ 2235).

Wie konnte das geschehen? Ganz simpel, Brock spielte in der ersten Runde gegen den an 134 gesetzten Spieler Alexander Walther (DWZ 1809) remis und da immerhin 238 Spieler am Turnier teilnahmen, dauerte es einige Runden bis Brock auf die Spitze aufschliessen konnte. Während sich die starken Spieler gegenseitig die Punkte abnahmen, bekam Brock bis zur 6. Runde nur „Fallobst“ serviert, bevor er in den letzten beiden Runden zwei mal mit Weiss gegen ungefähr gleichstarke Gegner den Turniersieg einfuhr.

Das Glück war Brock insbesondere in der letzten Runde hold, denn bei 4 punktgleichen Spielern an der Spitze (GM Kritz, GM Gutman, Zwahr und ihm) konnte es nur eine Konstellation zum Schluss geben: Kritz hatte schon gegen Zwahr gespielt und Gutman und Zwahr hatten jeweils in der 5. und 6. Runde Weiss gehabt und da 3 Mal Weiss hintereinander nicht erlaubt ist, mussten sie die letzte Runde mit Schwarz spielen. Somit hiessen die Paarungen Kritz gegen Gutman und Brock gegen Zwahr. Die GM´s spielten remis gegeneinander und so war der Weg für einen der Amateure frei.

Eine Verkettung von glücklichen Umständen, denn es lief alles regelgerecht ab, machte somit aus einem Amateur den Sieger eines mittelstarken Opens. Die Eloperformance beruhte übrigens auf den Resultaten aus den Runden 2 bis 7, denn das Remis gegen den Elolosen Walther aus der ersten Runde floss natürlich nicht in die Wertung mit ein.

Vom 16.08. bis 19.08.2007 war ich Gast bei den Chess Classic ((http://chesstigers.de/ccm7.php)) in Mainz. Diese Veranstaltung ist inzwischen in jeder Hinsicht das absolute Mass aller Schachdinge in Deutschland. Während beim Fischer-Schach ((http://chesstigers.de/ccm7/tournamentresult.php?kat=3&tournament=finet&class=1&round=11)), bei dem die Ausgangsstellung 960 verschiedene Positionen ergeben kann, und somit eröffnungstheoretisches Wissen überflüssig wird, knapp 400 Spieler teilnahmen, waren es beim Ordix Open ((http://chesstigers.de/ccm7/tournamentresult.php?kat=4&tournament=ordix&class=1&round=11)) fast 800! Dass der Rahmen nicht gesprengt wird, liegt an der geräumigen und für solche Anlässe würdigen Rheingoldhalle zu Mainz. Parallel fand die Finet Chess 960 Weltmeisterschaft (Sieger Levon Aronian) und die Grenke Leasing Schnellschachweltmeisterschaft (Sieger Visvanathan Anand) statt. Die Bedingungen für die Spieler und Zuschauer sind hervorragend und die Organisatoren lassen sich Jahr für Jahr neue Details einfallen und wenn ein Event das Prädikat perfekt verdient, dann dieses. Die Fülle meiner Eindrücke könnte ein ganzes Buch füllen und deswegen lasse ich einige Bilder sprechen. Ausserdem füge ich eine kurze Analyse meines Fast-Sieges gegen einen absoluten Weltklassespieler hinzu.

Rheingoldhalle
Der Turnierort.
Teilnehmer
Schlange stehen, um sich anzumelden.
GM Doettling
Sie liessen alle durch: Der sympatische GM Fabian Döttling und die charmante Bergit Barthel.
Bildschirm
Liveübertagung der ersten Bretter im Foyer.
GM Bischoff
Ansonsten fast nur noch als gewiefter Kommentator tätig, setzte sich GM Klaus Bischoff auch mal wieder ans Brett.
Gourmet Club
Jeden Abend wurden im Gourmet-Club zu Ehren eines bestimmten Spielers besondere Häppchen serviert.
Immendorff
Leider hatte ich zwischendurch nur eine Stunde Zeit, um mir die Werke dieses verstorbenen Künstlers anzuschauen.
Schmaltz
Auf Heimaturlaub sich befindend, liess es sich GM „Hawkeye“ ((http://entwicklungsvorsprung.de/?p=141)) (rechts im Bild) nicht nehmen, einen Abstecher nach Mainz zu machen. Hier im Gespräch mit IM Christian Scholz und IM Stefan Löffler.
Redondo
Der internationale Schiedrichter und Turnierorganisator Jose Maria Redondo war aus Spanien angereist und war vom Ambiente begeistert. Vielleicht hat er sich für sein Superturnier (( Vgl.: http://entwicklungsvorsprung.de/?p=134)) einiges abschauen können.
IM Richter
IM Richter durfte zwar mal an vorderster Front antreten, verlor sich aber, wie viele andere Titelträger, letztendlich im absoluten Mittelfeld. Allerdings wurde er in einer der Pausen für die beste Bundesligapartie der abgelaufenen Saison geehrt (( Vgl.: http://www.schachbundesliga.de/)).
Zickelbein
Auch der „Bundesligachef“ Christian Zickelbein liess es sich nehmen, eine Stippvisite in Mainz einzulegen.
Navara
Der Berichterstatter mit dem Sieger des Ordix-Opens GM David Navara aus Tschechien.

Souleidis,Georgios (2421) – Akopian,Vladimir (2708) [B08]
Ordix Open Mainz (11), 19.08.2007

[Souleidis]

Diagramm 1

Letzten Montag (( Vgl.: http://entwicklungsvorsprung.de/?p=256)) hatte ich noch „versprochen“ einen GM-Skalp mit nach Hause zu bringen. Leider spielte ich unter Erwartung und so kann ich das Versprechen leider nicht einlösen. Am nächsten kam ich noch in der letzten Runde des Ordix-Opens diesem Ziel nahe, doch es langte nicht ganz. Ein völlig unmotiviert spielender Akopian (die Preisränge waren ausser Reichweite) hatte sich total überspielen lassen und fischte dank eines Figurenopfers noch im Trüben. Da ich nur noch 2 Minuten auf der Uhr hatte (allerdings bekam man für jeden Zug 5 Sekunden Zeitgutschrift), begab ich mich nun auf dem völlig falschen Weg. 1.Lxg5?! Zu riskant, da Weiss klaren Material- und Positionsvorteil hat. [1.Kh2! Diesen Zug hatte ich gesehen und auch nichts gerechnet, was dagegen sprach. Warum ich ihn nicht spielte, ist mir schleierhaft. 1…Sxg4+ 2.Lxg4 hxg4 3.Th1 Kg8 4.Kg3+- wäre am einfachsten gewesen.] 1…hxg4

Diagramm 2

2.Txg7? Ab hier verlor ich absolut alle Nerven [2.Dd2! Dh5 3.Sd1 Sf7 (3…Dh3 4.Se3+-) 4.Lxf7 Txf7 5.Txf7 Dxf7 6.Lh4 sollte immer noch gewinnen.] 2…Kxg7 3.Dd2 Th8 4.Lh4? [4.Tb1! Dh5 5.Tb7+ Kg6 6.Lxh6 Dxh6 7.Dxh6+ Txh6 8.Lf5+ Kf6 9.Td7 Kg5 10.Tg7+ Kf6 11.Txg4 Tah8 12.Kf1 Th1+ 13.Tg1 Txg1+ 14.Kxg1 Kg5 ist wegen des schlecht postierten weissen Königs völlig unklar.] 4…Dh5 5.Dg5+ Auf diesen Damentausch hatte sich Weiss verlassen. 5…Dxg5 6.Lxg5

Diagramm 3

6…Sf7! Nun ist guter Rat teuer, denn es droht einfach die Turmverdoppelung auf der h-Linie mit Matt. 7.Le7? Mit 7.Le3 Th4 8.Se2 fxe2 9.Te1 hätte Weiss noch kämpfen können, obwohl die Partie objektiv gelaufen sein müsste. 7…Th6 8.Se2 Einziger Zug, um das Matt zu verhindern. 8…fxe2 9.Te1 Ta7! Ein sehr präziser Zug. Plötzlich zeigt sich, warum der Mann so eine ELO hat. 10.Lxf7 Txe7 11.Le6 Kf6! 12.Lxg4 Kg5 13.Lf5?? Ein letzter Fehler in höchster Zeitnot beendet die Partie sofort. 13…Kf4

Diagramm 4
0-1

Mein Atheismus war so radikal und felsenfest verankert, dass ich es nie geschafft hatte, diese Themen wirklich ernst zu nehmen. Wenn ich während meiner Schulzeit mit einem Christen, einem Muslim oder einem Juden diskutierte, hatte ich immer den Eindruck gehabt, dass ihr Glaube nicht ganz ernst zu nehmen war; dass sie unmöglich an die Realität der vertretenen Dogmen glauben konnten, sondern dass es sich dabei um ein Erkennungszeichen oder eine Art Kennwort handelte, das ihnen Zugang zur Gemeinschaft der Gläubigen verschaffte – etwa so wie es der Grunge oder Doom Generation für die Anhänger dieser Stilrichtungen bewirken konnte. Der tiefe Ernst, mit dem sie manchmal über theologische Standpunkte, die alle gleich absurd waren, debattierten, schien dieser Hypothese zu widersprechen; aber eingefleischten Spielern ging es im Grunde genauso: Für einen Schachspieler oder jemanden, der sich ernsthaft in ein Rollenspiel vertieft, ist der fiktive Raum des Spiels etwas völlig Ernstzunehmendes, Reales, man kann sogar sagen, dass für ihn zumindest für die Dauer des Spiels nichts anderes mehr existiert.

Michel Houellebecq: Die Möglichkeit einer Insel

Nach über 4 Monaten fasse ich am Donnerstag endlich wieder die Puppen an, präziser formuliert, ich bin bei den Chess Classic in Mainz am Start! Ich werde sowohl beim Finet-Open als auch beim Ordix-Open mitspielen. Mit meiner ELO von 2421 werde ich wohl kaum Chancen auf einen Preis haben (tja ich hätte wohl noch schnell ein Turnier in der Ukraine spielen sollen, um meine Zahl unter 2400 zu drücken), aber es wird wie immer ein Vergnügen sein, dort aufzulaufen. Sollte ich den einen oder anderen GM-Skalp mit nach Hause bringen, werde ich das hier an Ort und Stelle genüsslich kommentieren.

Obwohl es völlig überflüssig ist, für dieses marketingtechnisch vorzüglich organisierte Event Werbung zu machen, hier die offizielle Website ((http://chesstigers.de/ccm7.php)). Immerhin bin ich noch unter den Top-100 vertreten bei beiden Turnieren:-))

Ein weiteres Turnier, das zur Zeit meine Aufmerksamkeit erregt, ist das Acropolis-Turnier, das vom 14.08.-22.08. oh welch Überraschung in Athen stattfindet. Da wäre ich auch gerne, denn es ist das interessanteste Open, welches auf griechischem Boden durchgeführt wird ((http://www.chessfed.gr/Acropolis2007/)).

Ansonsten, eine schöne Woche an Alle!

Vor der Partie

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